Rn 21
Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann der Anfechtungsanspruch nach § 146 Abs. 2 nur einredeweise geltend gemacht werden. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift kommt es also darauf an, ob der Insolvenzverwalter angriffsweise, d.h. mit dem Ziel vorgeht, eine aufgrund einer anfechtbaren Handlung erfolgte Leistung wieder der Masse zuzuführen (dann Abs. 1) oder aber ob er verteidigungsweise die Rechtsstellung der Masse wahrt. Nur im letzten Fall ist § 146 Abs. 2 anwendbar. Ob ein "verteidigungsweises" Vorgehen des Insolvenzverwalters vorliegt, kann im Einzelfall fraglich sein.
Rn 22
Im Prozess kommt es insoweit nicht auf die Parteirolle des Insolvenzverwalters, sondern auf das von diesem verfolgte Rechtsschutzziel an. Ist der Insolvenzverwalter Beklagter, muss er das Leistungsverweigerungsrecht nach allgemeinen Grundsätzen ausüben, damit es Rechtswirkungen zeitigt. Die Anfechtungslage ist also nicht von Amts wegen zu beachten. Der Insolvenzverwalter kann sich aber auch als Kläger "verteidigungsweise" auf § 146 Abs. 2 berufen. Letzteres ist etwa der Fall, wenn er (nach Eintritt der Verjährung) Feststellungsklage erhebt, dass ein behauptetes Absonderungsrecht nicht besteht. Dagegen kann er nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist die Löschung einer anfechtbar erworbenen Grundschuld mit der Begründung verlangen, es stehe ihrer Geltendmachung eine dauerhafte Einrede entgegen. Vielmehr ist der Insolvenzverwalter in einem solchen Fall darauf beschränkt, gegen eine vom Anfechtungsschuldner betriebene Verwertung der Grundschuld vorzugehen. Kein "verteidigungsweises" Vorgehen liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter die Einrede des § 146 Abs. 2 nicht als Partei eines Rechtsstreits, sondern als Nebenintervenient in einem Rechtsstreit zwischen dem Anfechtungsgegner und einem Dritten geltend macht. Das mittelbare Interesse des Insolvenzverwalters an dem Prozessgewinn der von ihm unterstützten Partei wird nämlich von § 146 Abs. 2 nicht geschützt.
Rn 23
Rechnet der Empfänger einer anfechtbaren Leistung gegen den dazugehörigen Kaufpreisanspruch mit einer anderen ihm zustehenden Forderung gegen den Schuldner auf, so kann der Insolvenzverwalter nach Ablauf der Verjährungsfrist sich hiergegen nicht mit der Begründung wenden, dass die Leistung anfechtbar ist, denn dies würde in der Konsequenz auf eine Anfechtung der Leistung trotz Verjährung hinauslaufen. In einem derartigen Fall ist die anfechtbare Handlung allein im Abschluss des Kaufvertrags zu sehen und nicht in der Aufrechnung selbst. § 146 Abs. 2 gebietet zwar eine nach Sinn und Zweck weite Auslegung (siehe oben Rn. 19). Um jedoch eine sinnvolle Abgrenzung zu Abs. 1 zu ermöglichen, gilt dies uneingeschränkt nur in den Fällen, in denen sich der Insolvenzverwalter gegen ein Begehren des Anfechtungsgegners verteidigt. Vorliegend geht es im Ergebnis aber darum, den anfechtbaren Kaufvertrag selbst anzugreifen. Dies ist nur innerhalb der Verjährungsfrist des Abs. 1 möglich. Dagegen kann der Insolvenzverwalter mit einem verjährten Anfechtungsanspruch gegen eine unanfechtbar begründete Insolvenzforderung (oder auch gegen eine Masseverbindlichkeit) aufrechnen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Anfechtungsanspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte (§ 215 BGB).
Rn 24
Eine Verteidigung gegen eine Leistungspflicht i.S. des § 146 Abs. 2 setzt grundsätzlich voraus, dass der Insolvenzverwalter über den Leistungsgegenstand unmittelbar verfügen kann. So steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn er mit Wirkung gegen den Zessionar nach § 407 BGB eine vom Schuldner anfechtbar abgetretene Forderung einzieht und dann aus § 816 BGB in Anspruch genommen wird, nicht aber, wenn der Schuldner eine Forderung abgetreten hat und der Zessionar nach Ablauf der Verjährung nach Abs. 1 auf Einwilligung in die Auszahlung des vom Drittschuldner hinterlegten Betrags klagt. Fraglich ist, ob der Insolvenzverwalter nach Ablauf der Verjährungsfrist auf Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrags klagen kann. Der BGH hat dies in einer älteren Entscheidung abgelehnt, weil sich der Vermögenswert hier nicht in der Masse befindet. In einer neueren Entscheidung hat der BGH hingegen die Frage offen gelassen. In der Literatur wird in diesen Fällen mitunter danach unterschieden, ob der Vermögenswert ohne die Hinterlegung bei dem Anfechtungsgegner gelandet oder aber in der Masse verblieben wäre.
Rn 25
Fraglich ist, ob ein "verteidigungsweises" Vorgehen des Insolvenzverwalters vorliegt, wenn sich dieser auf die Gegeneinrede der Anfechtbarkeit beruft, d.h. sich im Rahmen einer Leistungsklage gegen die vom Beklagten erhobenen Einwendungen (Erlass, Stundung oder Aufrechnung) auch nach Fristablauf auf die Anfechtbarkeit dieser Handlungen beruft. Ganz überwiegend wird ein solches Verhalten des Insolvenzverwalters dahin gehend gedeutet, dass dieser nicht etwas einmal Weggegebenes wieder zur Masse zurü...