Rn 4

Zur Sicherung der (künftigen) Insolvenzmasse kann dem Eröffnungsbeschluss die gerichtliche Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vorausgehen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1). Die Rechtsstellung des sog. starken vorläufigen Verwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen übergegangen ist (§ 22 Abs. 1), entspricht im Wesentlichen der des endgültig bestellten Verwalters: Zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) hat auch der vorläufige Verwalter vor allem das Recht und die Pflicht, dieses unverzüglich in Besitz zu nehmen und zu verwalten; § 148 Abs. 2 Satz 1 und 2 finden sinngemäß Anwendung.[2]

 

Rn 5

Von der Inbesitznahme im vorläufigen Verfahren betroffen sind ebenso wie nach Verfahrenseröffnung grundsätzlich alle Gegenstände, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, und nicht nur die (prospektive) Masse. Der Verwalter hat allerdings bis zur Verfahrenseröffnung das erhöhte Bestandsschutzinteresse des Schuldners und damit die zweifache Zweckbegrenzung der vorläufigen Verwaltung[3] zu beachten: Im Unterschied zu § 148 Abs. 1 sind nur solche Maßnahmen zulässig, die zur Vermögenssicherung bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung erforderlich sind. Hinzu kommt, dass in der vorläufigen Verwaltung eine vorzeitige Verwertung einzelner Gegenstände noch weitgehender als nach Verfahrenseröffnung ausgeschlossen ist.

 

Rn 6

Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass dem Schuldner zugleich ein allgemeines Verwaltungs- und Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt sich seine Rechtsstellung nach den dahingehenden gerichtlichen Anordnungen (§ 22 Abs. 2 Satz 1). Diese können den vorläufigen Verwalter etwa auch zur Besitzergreifung und Verwaltung einzelner Schuldnergegenstände ermächtigen. Im Übrigen wird man je nach Kompetenzausstattung des vorläufigen Verwalters[4] differenzieren müssen: Während allgemeine (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) und beschränkte (§ 21 Abs. 1 Satz 1) Zustimmungsvorbehalte grundsätzlich kein Besitz- und Verwaltungsrecht für den Verwalter begründen, führen gegenständlich beschränkte – und ebenso wie allgemeine Verfügungsverbote stets absolut wirkende[5] – Verfügungsverbote dazu, dass der Verwalter den oder die davon betroffenen Gegenstände in der Regel auch in Besitz nehmen und verwalten kann und muss.[6]

[2] AG Duisburg ZInsO 2005, 105 (106); MünchKomm-Haarmeyer, § 22 Rn. 41; Kübler/Prütting-Pape, § 22 Rn. 86; a.A. HambKomm-Jarchow, § 148 Rn. 39.
[3] Vgl. die Begründung zu § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RegE, BR-Drs. BR 1/92, S. 116 f.
[4] Eingehend zu Arten und Wirkungen von Zustimmungsvorbehalten und Verfügungsverboten in der vorläufigen Insolvenz Kießling/Singhof, DZWiR 2000, 353 ff.
[5] Kießling/Singhof, DZWiR 2000, 353 (357 ff.).
[6] Kießling/Singhof, DZWiR 2000, 353 (356); Pohlmann, Rn. 222.

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