Rn 51
Über diese besonderen Bestimmungen hinaus begründet § 148 Abs. 1 ganz generell die Pflicht zur Verwaltung der in Besitz genommenen Masse. Das beinhaltet immer auch die allgemeine Pflicht des Verwalters zur umfassenden Aufklärung aller verfahrensrelevanten Rechtsverhältnisse des Schuldners sowie die Pflicht, Gläubigern umfassend Auskunft über die Masse und darauf bezogene Rechtshandlungen zu geben.
4.2.1 Sicherung und Versicherung von Massegegenständen
Rn 52
Die Generalklausel des § 148 Abs. 1 hat vor allem Bedeutung für den Schutz der Masse: Der Verwalter hat alle zur Sicherung und Erhaltung der Masse erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu kann etwa die Überleitung schuldnerischer Bankguthaben auf neu eingerichtete Sonderkonten des Insolvenzverwalters (Eigenkonten oder Fremdkonten) gehören, wenn damit Einwendungen der Bank gegen den Schuldner ausgeschlossen werden können; Einzelheiten siehe zu § 149. Zur Sicherung der Masse gehört auch eine Versicherung von Massegegenständen, wenn diese besonders gefährdet sind oder von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Zur Vermeidung persönlicher Haftung (§ 60 Abs. 1) ist dabei aber immer eine Abwägung zwischen den Schadensrisiken und der Masseschmälerung durch die Belastung mit derartigen Aufwendungen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1) vorzunehmen. Zum Erhalt eines bereits bestehenden Versicherungsschutzes kann es ggf. sogar notwendig sein, rückständige Prämien nachzuzahlen (vgl. §§ 38, 39 VVG).
Rn 53
Insolvenzspezifische Sorgfalts- und Obhutspflichten bestehen insbesondere auch für solche Gegenstände, die mit Aus- oder Absonderungsrechten Dritter belastet sind. Bei der Aussonderung unterliegenden Gegenständen gilt dies allerdings nur, wenn diese als Bestandteil der "Ist-Masse" in Gewahrsam des Verwalters genommen wurden. Andernfalls kann es zwar sein, dass sich der Verwalter durch Nichtinbesitznahme gegenüber den Gläubigern schadensersatzpflichtig macht (siehe unter Rn. 88 ff.); im Hinblick auf Verwaltungspflichten bleibt es aber dabei, dass allein der Rechtsinhaber für die Sache zu sorgen hat. Bei absonderungsbelasteten Gegenständen bestehen Sorgfalts- und Obhutspflichten unabhängig davon, ob die Verwertung dieser Gegenstände einen Erlös für die Masse erbringen wird oder ihre Verwaltung sonst vorteilhaft für die Masse ist.
4.2.2 Ausgleichsansprüche wegen Weiterbenutzung von Massegegenständen
Rn 54
Überlässt der Verwalter einzelne Gegenstände aus der Masse dem Schuldner zur (weiteren) Nutzung, ergibt sich in der Regel ein Entgeltanspruch zugunsten der Masse (Vereinbarung oder § 812 Abs. 1 BGB). Wird der Gegenstand (Eigenheim) schon von Verfahrenseröffnung durch weitere Personen (insbesondere Familienangehörige) mitgenutzt, ergibt sich ihnen gegenüber ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nur, wenn dies so zwischen ihnen und dem Schuldner vereinbart worden war oder sich aus sonstigen Rechtsgründen (etwa Unterhaltspflicht) ergibt.
4.2.3 Weiterführung von Schuldnerkonten, Lastschriftenwiderruf
Rn 55
Der Verwalter ist nicht gehindert, Schuldnergelder über neueröffnete Fremdkonten oder Eigenkonten zu verwalten (Einzelheiten zu § 149). Der Verwalter kann aber auch schuldnerische Bankkonten während des Verfahrens als Fremdkonten weiterführen. Die gegenteilige Auffassung verweist auf § 675 Abs. 1 BGB: Geschäftsbesorgungsverträge erlöschen gemäß §§ 116, 115 Abs. 1 mit Verfahrenseröffnung. Doch führt das wegen der dann zwingend notwendigen Sonderkonten des Verwalters zu unnötigem Aufwand, masseschmälernden Kosten sowie zusätzlichen Risiken bei Kontobewegungen nach Verfahrenseröffnung. Insbesondere kann der Verwalter nicht sofort über auf dem ehemaligen Schuldnerkonto noch eingehende Zahlungen von Drittschuldnern verfügen, wenn das Konto aufgelöst sein soll. In der Praxis werden deshalb nicht selten Schuldnerkonten vom Verwalter fortgeführt. Hält man das entgegen hier vertretener Auffassung für rechtlich unmöglich, ist man gezwungen, die faktische Fortführung des Kontos als konkludenten Abschluss eines neuen Bankvertrages zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Kreditinstitut zu interpretieren.
Rn 56
Notwendig ist das allerdings nicht. Dazu muss man sich lediglich vergegenwärtigen, dass mit dem "Erlöschen des Auftrages" in § 115 Abs. 1 nicht das Vertragsverhältnis mit dem Dritten, sondern allein der Wegfall der dadurch auf den Dritten übertragenen Geschäftsführungsbefugnis gemeint ist. Daher endet mit Verfahrenseröffnung zwar die Kontokorrentabrede, nicht aber der Girovertrag als solcher. Dem Verwalter erwächst aus §§ 103, 105 das Wahlrecht, das...