Rn 88
Die Verwalterhaftung wegen Verletzung der Pflichten zur ordnungsgemäßen Inbesitznahme und Verwaltung der Insolvenzmasse richtet sich grundsätzlich nach allgemeinen Regeln (§ 60 Abs. 1). Hierbei sind insbesondere der Insolvenzzweck – bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung aller Insolvenzgläubiger – und der weite Ermessensspielraum zu beachten, der dem Verwalter bei der Erfüllung im übertragener Inbesitznahme- und Verwaltungspflichten zur Verfügung steht (dazu einleitend unter Rn. 42).
Rn 89
Wegen der Inbesitznahme schuldnerfremder Gegenstände oder solcher Gegenstände des Schuldners, die nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegen, haftet der Verwalter grundsätzlich nicht. Dies folgt aus der Unterscheidung zwischen "Ist-Masse" und "Soll-Masse" sowie der im Gläubigerinteresse sofort zu erfüllenden Inbesitznahmepflicht. Befindet sich ein Gegenstand dem äußeren Anschein nach in Besitz und Eigentum des Schuldners, ohne dass die Massefremdheit eindeutig erkennbar bzw. den Beteiligten bekannt ist, muss der Verwalter Eigenbesitz begründen (§ 148 Abs. 1); die Rechte des Dritten werden hinreichend in der nachfolgenden Verwaltung (mit unverzüglicher Prüfung und Bereinigung der "Ist-Masse" etwa durch Herausgabe usw.) gewahrt.
Rn 90
Die Nichtinbesitznahme von Gegenständen führt dann nicht zur Haftung, wenn der Verwalter wegen Aussonderungsrechten Dritter (§ 47) oder Unpfändbarkeit des Gegenstandes (§ 36) berechtigterweise davon abgesehen hat. Denn Pflichten können für den Verwalter nur in Bezug auf die "Soll-Masse" oder aber die tatsächlich in Besitz genommene "Ist-Masse" entstehen. Anders verhält es sich bei absonderungsbelasteten Gegenständen, denn diese fallen grundsätzlich in die Masse. Nimmt der Verwalter solche Gegenstände berechtigterweise nicht in Besitz, muss er den Bevorrechtigten davon zumindest in Kenntnis setzen (siehe oben unter Rn. 7 ff.). Das Gleiche gilt bei Gewahrsamsaufgabe nach Inbesitznahme; hier bestehen zudem bis zu diesem Zeitpunkt – wie bei Aussonderungsgegenständen auch – Sorgfalts- und Obhutspflichten (siehe oben unter Rn. 52 f.).
Rn 91
Bei der Haftung für unzureichende Verwaltung der Masse muss in erster Linie zwischen der allgemeinen "Nachfolge" des Verwalters in vertragliche und/oder gesetzliche Pflichten des Schuldners (oben Rn. 44 ff.) und besonderen oder allgemeinen insolvenzspezifischen Pflichten (oben unter Rn. 47 ff. und 51 ff.) unterschieden werden; grundsätzlich nur die Verletzung der beiden letztgenannten Pflichten kann zu einer persönlichen Haftung des Verwalters nach § 60 Abs. 1 Satz 1 führen. Zu Besonderheiten im Hinblick auf die Verwalterhaftung bei Unternehmensfortführungen vgl. bereits dort. Zu weiteren Besonderheiten im Zusammenhang mit bestimmten Verwaltertätigkeiten (etwa Versicherung von Massegegenständen, Lastschriftenwiderruf, Verwertungsverbot bis zum Berichtstermin usw.) vgl. jeweils im Zusammenhang dort. Muss der Verwalter mit der Verwertung bis zum Berichtstermin warten, ist er nicht für Schäden verantwortlich, die dadurch an Massegegenständen entstehen.