Rn 3

Der Bericht nach § 156 baut in der Praxis auf dem Sachverständigengutachten betreffend die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf (nicht zuletzt weil der Sachverständige und der Insolvenzverwalter regelmäßig personenidentisch sind).[15] Nach § 156 Abs. 1 hat der Verwalter zu den folgenden Fragebereichen und Sachverhalten Stellung zu nehmen bzw. zu berichten:

[15] MünchKomm-Janssen, 4. Aufl. 2019, § 156 Rn. 17; HambKomm-Decker, 9. Aufl. 2022, § 156 Rn. 4. Vergleicht man etwa die vom BAKinso e.V. veröffentlichte Checkliste als "Empfehlung an die Insolvenzgerichte" für die Gutachtenerstellung im Unternehmensinsolvenzverfahren mit den Inhalten des Berichts nach § 156 wird deutlich, dass die Inhalte in wesentlichen Teilen deckungsgleich sind und fortgeschrieben werden können.

2.2.1. Wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen

 

Rn 4

Zur Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners[16] und ihrer Ursachen dürfte im Regelfall ein Eingehen auf die folgenden Punkte erforderlich sein:[17]

 

Rn 5

  • die Erläuterung der rechtlichen Situation des Schuldners (Rechtsform, Gründung, Gesellschafter, Geschäftsführer, Prokura, Kapital, Sitz, Gegenstand des Unternehmens, Firma). Die Darstellung ist zudem nicht allein eine stichtagsbezogene Darstellung auf den Tag der Berichterstattung, sondern hat zudem alle relevanten historischen Ereignisse und Entwicklungen aufzunehmen (z.B. Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel, Kapitalmaßnahmen, Formwechsel oder andere Maßnahmen nach dem UmwG). Auch wenn dies im Gesetzestext nicht ausdrücklich genannt wird, ist ein Eingehen auf die rechtliche Situation des Schuldners zwingend notwendig, da die rechtliche und die wirtschaftliche Situation untrennbar miteinander verbunden sind;
 

Rn 6

  • Überblick über die bei Übernahme des Amtes vorgefundene betriebliche Struktur (z.B. Unternehmensgegenstand und -entwicklung, insbesondere Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit, betriebliche Organisation, Arbeitnehmerzahl und Arbeitnehmerstruktur, Lieferantenstruktur, Kundenstruktur, Dauerschuldverhältnisse, insbesondere Miete und Leasing von betriebsnotwendigen Grundstücken und Gütern, eigener Grund und Boden, Absatzmärkte, sämtliche relevanten betrieblichen Kennzahlen und Kennzahlen zur Branchen- und Marktsituation);
 

Rn 7

  • Darstellung der Aktiva und Passiva anhand des Masseverzeichnisses (§ 151), des Gläubigerverzeichnisses (§ 152) und der Vermögensübersicht (§ 153), einschließlich der Darstellung von Aus- und Absonderungsrechten;
 

Rn 8

  • Erläuterung der bisher ergriffenen Maßnahmen (Vermögenssicherung, Betriebsfortführung, Bildung eines Abwicklungsteams, Maßnahmen der Insolvenzgeldsicherung, Gespräche mit Betriebsrat, Erörterung von Sozialplanvorstellungen der Belegschaft, Gespräche mit Sicherungsgläubigern, Großgläubigern, Übernahme- oder Fortführungsinteressenten);
 

Rn 9

  • Darlegung der Ursachen für die gegenwärtige Situation des Schuldners. Notwendig ist eine vor allem betriebswirtschaftliche Analyse der Ursachen für die eingetretene Insolvenz, was die allgemeine Branchen- und Marktentwicklung mit einschließt. Der Verwalter wird in diesem Zusammenhang zumindest bei größeren Verfahren auf die Entwicklung der vergangenen Jahre bezüglich Umsatz, Kosten, Rohergebnis, cashflow, Entnahmen und Gewinn/Verlust einzugehen haben und versuchen müssen, aus diesen unter Berücksichtigung der äußeren Umstände des Schuldnerunternehmens die Gründe der Insolvenz herauszuarbeiten. Hierbei sind die Persönlichkeitsrechte Dritter zu beachten, damit Ehrschutzklagen gegen den Insolvenzverwalter vermieden werden.[18]
[16] Die Darstellung hat eine unternehmerische Tätigkeit einer juristischen oder natürlichen Person im Blick. Für die berufliche Tätigkeit eines Insolvenzschuldners (natürliche Person) gelten die genannten Punkte sinngemäß entsprechend.
[17] Zipperer, in: Uhlenbruck, 15. Aufl. 2019, § 156 Rn. 7 weist auf die Ähnlichkeit der Funktion der Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und ihrer Ursachen nach § 156 und der Rechenschafts- und Informationsfunktion des Lageberichts i.S.v. § 289 HGB hin, der deshalb als Orientierungshilfe dienen könne. Auf die Möglichkeit, den Bericht in Anlehnung an die Darstellung im Eröffnungsgutachten fortzuschreiben, wurde oben Rn. 3 bereits hingewiesen. Insoweit kann die vom BAKinso e.V. veröffentlichte Checkliste für die Gutachtenerstellung im Unternehmensinsolvenzverfahren auch für den Bericht nach § 156 als Leitlinie dienen.
[18] MünchKomm-Janssen, 4. Aufl. 2019 Rn. 29; Uhlenbruck-Zipperer, 15. Aufl. 2019, § 156 Rn. 6.

2.2.2. Aussicht, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten

 

Rn 10

Da der Bericht des Verwalters gemäß § 156 als Grundlage der Gläubiger für eine Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens gemäß § 157 dienen soll, müssen den Gläubigern die Alternativszenarien der operativen Stilllegung des Betriebs oder von bestimmten Betriebsteilen und sich anschließender Liquidation sowie der Betriebsfortführung und sich anschließender (übertragender) Sanierung dargelegt werden. Im Rahmen der Fortführung sind dabei vor allem zwei Alternativen zu erwägen. ...

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