2.1 Veräußerung eines Unternehmens oder Betriebs
Rn 2
Die Definition der Begriffe Unternehmen und Betrieb entsprechen denen in § 160 Abs. 2 Nr. 1 (vgl. § 160 Rn. 9). Der Verkauf eines Unternehmens aus der Insolvenz muss häufig sehr schnell erfolgen, da die Investition in den Augen der potenziellen Erwerber mit voranschreitendem Zeitablauf zunehmend weniger attraktiv erscheint. Dies gilt umso mehr, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen bereits vollständig oder in Teilbereichen stilllegen musste. Im Hinblick auf diesen hohen Zeitdruck der konkret geplanten Veräußerung – der Erwerber wird meist nicht bereit sein, eine größere zeitliche Verzögerung hinzunehmen, so dass die Gefahr der Angebotsrücknahme besteht – ist der Begriff weit auszulegen. Längere Streitigkeiten hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Unternehmens- oder Betriebsveräußerung vorliegt und ob der Antragsteller insoweit seiner Darlegungslast nachgekommen ist, werden so – letztlich im Interesse der Gläubiger – vermieden.
2.2 Antrag
Rn 3
Zunächst muss der Schuldner oder eine Gläubigermehrheit i. S. d. § 75 Abs. 1 Nr. 3 beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit der Veräußerung stellen. Der Antrag kann formlos und ohne Einhaltung einer Frist gestellt werden. Allein im Hinblick auf die im Regelfall umfangreiche Darlegungslast hinsichtlich der geltend gemachten Nachteiligkeit der Veräußerung dürfte ein solcher Antrag jedoch stets schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen sein, soweit er Aussicht auf Erfolg haben soll.
Rn 4
Hat der Gläubigerausschuss bereits seine nach § 160 erforderliche Zustimmung erteilt, so sollte der Antrag vom Antragsteller noch um einen Antrag nach § 161 ergänzt werden, um zu verhindern, dass im Außenverhältnis wegen der Wirkung des § 164 unwiderrufliche Fakten geschaffen werden.
2.3 Glaubhaftmachung einer günstigeren Veräußerungsmöglichkeit
2.3.1 Prozessuale Anforderungen
Rn 5
Ferner muss der jeweilige Antragsteller glaubhaft machen können, dass die Veräußerung des Betriebs oder Unternehmens an einen anderen als den bisher beabsichtigten Erwerber für die Insolvenzmasse günstiger ist. Die Benennung einer anderen Verwertungsart – also z. B. der Einzelveräußerung der jeweiligen Vermögensgegenstände – dürfte nicht ausreichend sein, da das Gesetz in seinem Wortlaut ausdrücklich auf einen anderen Erwerber abstellt.
Glaubhaftmachung ist auch hier (wie z. B. in § 14 Abs. 1) i. S. d. § 294 ZPO zu verstehen. Der Antragsteller kann sich aller prozessualen Beweismittel der ZPO bedienen (also Augenschein, Zeugen, Sachverständige, Urkunden sowie Parteivernehmung). Ergänzend ist darüber hinaus eine Versicherung an Eides statt zulässig und ausreichend. Faktisch dürfte die Vorlage von Sachverständigengutachten, z. B. eines Wirtschaftsprüfers, der häufigste Fall sein, sofern nicht in Extremfällen die Benachteiligung der Insolvenzmasse auf der Hand liegt.
2.3.2 Materielle Anforderungen
Rn 6
Der Antragsteller muss eine günstigere Veräußerungsmöglichkeit glaubhaft machen. Zur "Beurteilung der Frage, ob eine Veräußerungsmöglichkeit günstiger ist als eine andere, sind alle Umstände des Falls zu berücksichtigen. Nicht der Preis allein ist entscheidend". Dennoch kommen nur Kriterien in Betracht, die Einfluss auf die Befriedigung der Gläubiger haben, wie Solvenz des Erwerbers, Absicherung der Zahlung, Zeitpunkt der Zahlung, Umfang des Erwerbs, Haftungsübernahme durch die Insolvenzmasse oder Haftungsausschluss, Übernahme von Arbeitnehmeransprüchen und damit gleichzeitige Reduzierung der Passivmasse, kurzfristigere und damit im Ergebnis kostengünstigere Abwicklung des Übernahmevorgangs und somit auch des Insolvenzverfahrens selber usw. Allein arbeitsmarktpolitische Überlegungen (z. B. Anzahl der zukünftigen Arbeitsplätze), volkswirtschaftliche Aspekte (Gewerbesteueraufkommen) o. Ä. sind dagegen nicht entscheidungsrelevant. Die Begründung des RegE bestätigt dieses durch Hinweis auf die Unzulässigkeit einer Veräußerung bei einem Kaufpreis, der unter der Summe der in dem Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151) genannten Werte liegt.
2.4 Noch keine Zustimmung der Gläubigerversammlung
Rn 7
Fraglich erscheint allerdings, ob trotz des Vorliegens der in § 163 ausdrücklich normierten Voraussetzungen ein Antrag dann als unzulässig anzusehen ist, wenn die Gläubigerversammlung bereits üb...