4.1 Gesetzliche Regelung
Rn 10
Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, das ihm in § 166 eingeräumte Verwertungsrecht auszuüben, er kann die Verwertung auch – wie es bisher in der Praxis der Regelfall unter Geltung der KO war – dem absonderungsberechtigten Gläubiger überlassen. Für diesen Fall bestimmt § 170 Abs. 2, dass die Feststellungskosten und (wie schon bei der Verwertung durch den Verwalter) die Umsatzsteuer an die Masse abgeführt werden müssen. Dagegen fallen die Kosten der Verwertung bei dieser Konstellation nicht beim Verwalter und damit bei der Insolvenzmasse, sondern unmittelbar beim selbstverwertenden Gläubiger an, so dass diese Kosten anders als bei der Übernahme (vgl. § 168 Rn. 7) zwar nicht an die Masse zu erstatten, wirtschaftlich aber dennoch vom Sicherungsgläubiger zu tragen sind. Im Rahmen der Anmeldung seiner Ausfallforderung zur Tabelle kann er seine Verwertungskosten wiederum von dem erzielten Erlös in Abzug bringen, so dass – bei unterstellt gleichen Verwertungskosten – im Falle der Verwertung durch den Verwalter einerseits und den Gläubiger andererseits das wirtschaftliche Ergebnis für den Absonderungsgläubiger und die Masse identisch ist.
Rn 11
Auf die in § 170 Abs. 2 aufgeführte Überlassung zur Verwertung hat der Gläubiger im Gegensatz zur Übernahme nach § 168 Abs. 3 Satz 1 keinen Anspruch. Vielmehr wird der Verwalter den für die Verwertung nötigen Aufwand zu schätzen haben und sich nur dann für eine Überlassung entscheiden, wenn er auf diese Weise Kosten sparen kann (hierzu vgl. § 166 Rn. 8 ff.).
4.2 Zurückweisungsrecht des Gläubigers
Rn 12
Fraglich ist, ob der Gläubiger umgekehrt eine an ihn ergangene Überlassung zurückweisen darf. Ihm kann insbesondere dann, wenn er den Gegenstand mit hohem Gewinn veräußern könnte, daran gelegen sein, diesen vom Verwalter nach § 168 Abs. 3 Satz 1 zu übernehmen, um sich selbst die Vorteile der günstigeren Verwertung zu sichern (vgl. § 168 Rn. 10). Ein solches Vorgehen widerspräche dem Grundsatz der gleichmäßigen und möglichst optimalen Befriedigung aller Gläubiger, so dass ein Zurückweisungsrecht des Gläubigers abzulehnen ist.
Rn 13
Der Verwalter kann den Gläubiger zur Verwertung bestimmter Gegenstände zwingen, darf dieses Recht allerdings nicht missbräuchlich ausüben, etwa um dem Gläubiger eine besonders kostspielige und riskante Verwertung aufzubürden. Außerdem wird der Absonderungsberechtigte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann zur Verwertung für die Masse verpflichtet sein, wenn er im Umgang mit dem jeweiligen Gegenstand erfahren ist (nicht also eine Bank zum Verkauf komplizierter technischer Geräte).
4.3 Strohmannverwertung unter Preis
Rn 14
Gerade wenn der Verwalter eine Überlassung aus den in Rn. 12 dargestellten Gründen vornimmt, ist besonders kritisch die Gefahr eines Missbrauchs zu bedenken. Der Gläubiger könnte, um sich den (ihm aus seiner Sicht vielleicht zustehenden) Vorteil selbst zu sichern, die Verwertung über einen Strohmann abwickeln, so dass der hierbei erzielte Preis weit hinter dem tatsächlich realisierbaren zurückbleibt. Auf diese Weise könnte sodann eine höhere Ausfallforderung angemeldet werden und der Masse ein Nachteil entstehen. Dementsprechend wird der Verwalter die Verwertung des Gläubigers sorgfältig zu überprüfen und im Zweifel eine eigene Verwertung durchzuführen haben.