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Zur optimalen Wahrnehmung der gesetzlichen Teilhabe- und Gestaltungsrechte des vorläufigen Gläubigerausschusses wäre es sinnvoll, wenn sich dieser bereits vor der Insolvenzantragstellung konstituieren könnte, um an Entscheidungen über die wesentlichen Weichenstellungen bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt teilnehmen zu können. Da der vorläufige Gläubigerausschuss rechtlich erst mit der gerichtlichen Beschlussfassung existent wird, sind seine vorher getroffenen Festlegungen und Entscheidungen nur präsumtiv im Hinblick auf die mutmaßliche spätere Einsetzung (daher die Bezeichnung als präsumtiver Gläubigerausschuss).
Insbesondere bei der Frage, ob mit der Unterstützung der (repräsentierten) Gläubiger ein Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren angestrebt werden soll, ist eine Einbindung des vorläufigen Gläubigerausschusses denklogisch nur vor Antragstellung möglich. Doch auch im Hinblick auf das Eilbedürfnis von Sicherungsmaßnahmen nach Antragstellung, wird eine echte Mitwirkung des vorläufigen Gläubigerausschusses an der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters/Sachwalters nur dann möglich sein, wenn der Ausschuss unmittelbar nach Antragstellung seine Tätigkeit aufnimmt. Die Rechtfigur eines präsumtiven Gläubigerausschusses ist dennoch abzulehnen. Insoweit mag es zwar – wie dargestellt – rechtspolitisch nachvollziehbare Gründe und ein gewisses praktisches Bedürfnis dafür geben, den vorläufigen Gläubigerausschuss bereits vorzeitig zum Leben zu erwecken, der Insolvenzrichter ist jedoch an das Gesetz gebunden und de lege lata fehlt es schlicht an einer entsprechenden gesetzlichen Ausgestaltung. Insbesondere gibt es keinen Raum für eine persönliche Haftung des Insolvenzrichters, wenn er von einem "informellen" Vorschlag des präsumtiven Gläubigerausschusses abweicht. Eine Inanspruchnahme des Insolvenzrichters setzt eine Dienstpflichtverletzung voraus, die jedenfalls nicht darin gesehen werden kann, dass das Gericht ein nicht am Verfahren beteiligtes und nicht gesetzlich vorgesehenes Organ ignoriert.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Bemühen des Schuldners um eine frühzeitige Einbindung möglicher Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses unterbleiben sollte. Es handelt sich dabei aber um eine Vor-Abstimmung ohne verfahrensrechtlichen Gehalt, die ebenso wie die Einbeziehung der wichtigsten Lieferanten, Kunden und Finanzierer grundsätzlich ratsam ist, aber keine direkten Wirkungen auf das Eröffnungsverfahren zeitigt.