Rn 7
Nach dem klaren Wortlaut des § 23 Abs. 1 beschränkt sich sein Anwendungsbereich zunächst auf die Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, mithin das allgemeine Verfügungsverbot und den allgemeinen Zustimmungsvorbehalt. Ob (und ggf. unter welchen Voraussetzungen) darüber hinaus eine Anwendbarkeit auf weitere vorläufige Maßnahmen des § 21 in Betracht kommt, ist streitig (s. u. Rn. 16).
2.1.1 Öffentliche Bekanntmachung
Rn 8
§ 23 Abs. 1 begründet eine Pflicht des Insolvenzgerichts zur öffentlichen Bekanntmachung bei Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Umfasst sind sowohl die Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots, als auch die Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts. Dies ist in der Sache richtig, weil auch der allgemeine Zustimmungsvorbehalt eine für den Geschäftsverkehr wichtige Verfügungsbeschränkung darstellt. Darüber hinaus müssen Abberufung und Neubestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters veröffentlicht werden.
Rn 9
Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach § 9 Abs. 1 durch Veröffentlichung im Internet (www.Insolvenzbekanntmachungen.de). Dabei kann der Beschluss auch auszugsweise, d. h. beschränkt auf die Verfügungsbeschränkungen und die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung, veröffentlicht werden. Entsprechend dem Gebot der Verhältnismäßigkeit wird das Gericht im Einzelnen abwägen müssen, für welche Daten eine Veröffentlichung geboten ist. Jedenfalls ist die Praxis problematisch, unbesehen den ganzen Beschluss zu veröffentlichen, wenn dieser neben den Verfügungsbeschränkungen weitere Anordnungen (bspw. eine Postsperre) enthält. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 ist der Schuldner bei der Bekanntmachung mit Anschrift und Firma bzw. Branchenzugehörigkeit anzugeben.
Rn 10
Über § 9 Abs. 1 Satz 3 gilt die Bekanntmachung als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts ist für die Veröffentlichung funktionell zuständig, auch wenn eine Sicherungsmaßnahme von der Beschwerdekammer angeordnet wird.
2.1.2 Zustellung
Rn 11
Der Beschluss über die Anordnung der Verfügungsbeschränkungen ist des Weiteren dem Schuldner, den Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, und dem vorläufigen Insolvenzverwalter besonders zuzustellen. Diese Zustellungen können nach § 8 auch durch Aufgabe zur Post erfolgen. Räumt man dem faktischen Geschäftsführer ein Beschwerderecht für den Schuldner ein, sollte eine Zustellung auch an ihn erfolgen.
Rn 12
§ 8 Abs. 2 Satz 1 erklärt die Zustellung an Personen unbekannten Aufenthalts für entbehrlich. Lediglich bei Vorhandensein eines Zustellungsbevollmächtigten ist die Zustellung an diesen vorzunehmen. § 27 RegE bestimmte im Gegensatz zum jetzigen § 23 noch, dass der Beschluss nur Personen zugestellt werden muss, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben und deren Anschrift dem Gericht bekannt ist. Der zuletzt genannte Zusatz wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auf Veranlassung des Rechtsausschusses mit der Begründung gestrichen, dass bereits nach § 8 Abs. 2 Satz 1 eine Zustellung an Personen mit unbekanntem Aufenthalt entfalle. Hierbei wurde offensichtlich übersehen, dass der Fall, wonach dem Gericht der betreffende Personenkreis mit Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner an sich unbekannt ist, nicht gleichzustellen ist mit Personen, bei denen nicht die Person an sich, sondern nur deren Aufenthalt unbekannt ist. Unter Berücksichtigung der vom Rechtsausschuss im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründung kann die insoweit nach dem Wortlaut eindeutige Vorschrift des § 8 Abs. 2 allenfalls im Wege der teleologischen Extension ausgelegt werden. Hierfür spricht, dass der Gesetzgeber bei der Neugestaltung der Voraussetzung des zulässigen Eigenantrags im Rahmen des ESUG in § 13 Abs. 1 lediglich die Pflicht zur Einreichung eines vollständigen Gläubiger- und Forderungsverzeichnisses, nicht hingegen die Vorlage eines Schuldnerverzeichnisses geregelt hat.
Rn 13
Dem Problem kommt in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zu, da dem Gericht regelmäßig zu Beginn eines Insolvenzverfahrens bei Anordnung der Sicherungsmaßnahmen Debitoren eines Unternehmens nicht oder nicht mit ladungsfähigen Anschriften bekannt sind. Auch werden Verfügungsbeschränkungen häufig gerade wegen einer unzureichenden Mitarbeit des Schuldners angeordnet. Dennoch muss die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nicht bis zur Durchführung entsprechender gerichtlicher Ermittlungen zur Erfüllung der Zustellungsverpflichtung aufgeschoben werden, da gemäß § 9 Abs. 3 die öffentliche Bekanntmachun...