Dr. Jürgen Spliedt, Dr. Alexander Fridgen
Rn 17
Die Bescheinigung hat eine ausdrückliche Bestätigung zu enthalten, wonach drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung, nicht aber Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Was genau unter Sanierung zu verstehen ist, lässt das Gesetz offen. Das Unternehmen muss aber zumindest – eventuell unter Zuhilfenahme des Insolvenzplanverfahrens – in die Lage versetzt werden, dass eine positive Fortführungsprognose besteht.
Rn 18
Da die Bescheinigung mit Gründen zu versehen ist, ermöglicht sie dem Gericht eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit. Ein umfangreiches Gutachten nach bestimmten formalisierten Standards (z.B. IDW S 6, 9) wird vom Aussteller jedoch nicht verlangt. Dieses wäre insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen zu teuer und ihnen wäre damit der Zugang zu dem Verfahren nach § 270b erheblich erschwert. Darüber hinaus soll der Schutzschirm dem Schuldner gerade die Zeit verschaffen, einen Sanierungsplan zu erarbeiten, so dass eben dieser Plan vom Schuldner nicht als Voraussetzung für die Anordnung des Schutzschirms verlangt werden kann.
Rn 19
Allerdings soll durch die vorzulegende Bescheinigung vom Schuldner der Nachweis der Anordnungsvoraussetzungen erbracht werden. Aus diesem Grund muss die Bescheinigung auch den Umfang des vom Aussteller festgestellten Sachverhalts schildern und nachvollziehbar – ggf. unter Bezugnahme auf Anlagen – auf das Ergebnis der Bescheinigung hinführen. Die Bescheinigung muss sich daher mit den Ursachen der Krise befassen und darauf aufbauend ein Konzept zu ihrer Bewältigung einschließlich Liquiditätsplanung bis zur Eröffnungsentscheidung liefern. Die Bestätigung der Sanierungsaussichten selbst beruht notwendiger Weise auf einer persönlichen Einschätzung des Ausstellers über den Eintritt der der Sanierbarkeitsprüfung zugrunde gelegten Prämissen. Da das Gesetz bereits eine Mindestqualifikation des Ausstellers vorschreibt, ist diese Einschätzung des Ausstellers auch nicht durch das Gericht zu überprüfen oder zu ersetzen. Das Gericht hat jedoch sachliche oder rechtliche Fehler bei der Feststellung der Insolvenzgründe sowie Verstöße gegen die Denkgesetze, die die Einschätzung des Ausstellers im Ergebnis als unhaltbar erscheinen lassen, zu berücksichtigen. Es geht dabei jedoch nicht um einen Grad an Gewissheit, den sich das Gericht über das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen verschaffen muss. Das Gericht hat sich vielmehr mit einer nicht ersichtlich fehlerhaften Einschätzung einer Person, die die vom Gesetzgeber für ausreichend erachtete Qualifikation aufweist, zu begnügen und auf der Basis dieser – formal – ereilten Bestätigung zu entscheiden.
Rn 20
Keine Ausführungen braucht die Bescheinigung zu enthalten über die Voraussetzungen, die für die Anordnung der Eigenverwaltung vorliegen müssen, also zu der Frage, ob Umstände bestehen, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führt.
Rn 21
Ist demnach die Bestätigung des Ausstellers nicht ausreichend, muss das Gericht den Schuldner zur Nachbesserung auffordern oder den Antrag zurückweisen. Ein Sachverständiger kann nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung in der Phase bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 270b nicht bestellt werden. Dass sich das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen aus der Bescheinigung ergibt, ist zwingende Voraussetzung für die Anordnung des Schutzschirms.