Rn 65
Dem Schuldner ist zur Erlangung der Restschuldbefreiung die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht untersagt. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
Rn 66
Der Schuldner muss aber die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Die Zahlungen müssen in regelmäßigen Abständen, zumindest jährlich erfolgen. Ein Verschulden (§ 296 Abs. 1) liegt dann vor, wenn ein selbständig tätiger Schuldner auch nach Belehrung durch den Treuhänder über die jährliche Abführungsfrist keine Zahlungen leistet. Für den Gläubiger genügt es, wenn er auf eine die individuellen Verhältnisse des Schuldners berücksichtigende Tabelle Bezug nimmt. § 295 Abs. 2 begründet keinen konkreten einklagbaren Zahlungsanspruch, sondern eine Obliegenheit, die der Schuldner erfüllen muss, will er nicht eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 riskieren.
Rn 66a
Auch darf der Schuldner neben der selbständigen Tätigkeit einer abhängigen Beschäftigung nachgehen, wenn er die dem Treuhänder aufgrund der Abtretung zufließenden Einkünfte um den Betrag aufstockt, der dem Gläubiger zugeflossen wäre, wenn er an Stelle der selbständigen Tätigkeit auch insoweit abhängig beschäftigt gewesen wäre.
Rn 67
Sofern sich dies nicht zum Nachteil einer angemessenen Gläubigerbefriedigung auswirkt, darf er auch zwischen beiden wechseln. In jedem Fall bleibt die gemäß § 287 Abs. 2 erfolgte Abtretungserklärung unberührt bzw. aufrechterhalten.
Rn 68
Übt der Schuldner eine selbständige Tätigkeit aus, so scheidet eine Abführung laufender Bezüge auf der Grundlage der Abtretungserklärung gemäß § 287 aus, da der Schuldner Bezüge aus einem Dienstverhältnis nicht erhält. Die teilweise Befriedigung der Insolvenzgläubiger muss daher aufgrund von Gewinnen erfolgen, die der Schuldner aus seiner selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit erzielt. § 295 Abs. 2 löst die zu berücksichtigenden Erträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Tätigkeit des Schuldners.
Rn 69
Dem Schuldner steht zwar hinsichtlich der Höhe der an die Gläubiger abzuführenden Beträge ein Ermessensspielraum zu, er kann hierbei insbesondere berücksichtigen, dass er Gewinne in seinem Unternehmen belassen muss, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Sein anzunehmendes fiktives Nettoeinkommen ist aber aus einem angemessenen Dienstverhältnis zu berechnen. Angemessen ist nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit. Einziges Kriterium für die Bemessung der Höhe der abzuführenden Beträge ist gemäß Abs. 2, dass die Insolvenzgläubiger am Ende des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht schlechter gestellt sein dürfen als sie stünden, wenn der Schuldner eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hätte, die seiner Ausbildung und den sonstigen Berufsbedingungen angemessen gewesen wäre. Der Schuldner darf zeitweilig geringere oder gar keine Leistungen erbringen, wenn die wirtschaftliche Lage ihn dazu zwingt. Er muss dies dann aber später durch höhere Leistungen ausgleichen. Bleibt der Ertrag aber hinter dem zurück, den er dem Treuhänder bei einer angemessenen abhängigen Beschäftigung aus der Abtretungserklärung leisten könnte, muss er sich um ein Anstellungsverhältnis bemühen. Der Schuldner muss selbst darlegen, dass und in welchem Umfang er sich um eine abhängige Beschäftigung bemüht hat. Die selbstständige Tätigkeit muss er nicht sofort aufgeben, muss sich aber nachweisbar um eine angemessene abhängige Tätigkeit bemühen und sobald sich eine solche anbietet diese annehmen. Erzielt der Schuldner im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit einen höheren freien Gewinn, als er mit einer unselbständigen Tätigkeit hätte verdienen können, ist er nicht verpflichtet, den gesamten Betrag abzuführen, den er tatsächlich verdient. Der Schuldner, der aus seiner selbstständigen Tätigkeit einen die Pfändungsfreigrenzen überschreitenden Gewinn erzielt, muss aber in regelmäßigen Abständen, zumindest jährlich, Zahlungen an den Treuhänder zu erbringen, denn die Gläubiger trügen für die gesamte Wohlverhaltensperiode das Risiko, dass der Schuldner den Überschuss verbraucht und dieser am Ende dieses Verfahrensabschnitts nicht mehr vorhanden ist.
Rn 70
Für die Beurteilung dieser Frage besteht ein erheblicher Ermessensspielraum. Es wird zum einen schwierig sein, die exakte Höhe derjenigen Beträge zu ermitteln, die den pfändbaren Teil eines "angemessenen Dienstverhältnisses" ausgemacht hätten. Weiter ist fraglich, ob der Schuldner einwenden kann, dass er zeitweise keine abhängige Beschäftigung gefunden hätte, so dass die Gläubiger für einen gewissen Zeitraum ohnehin keine Leistungen erlangt hätten. Im Hinblick auf die Formulierung der Vorschrift sind solche Einwendungen des Schuldners nicht zulässig, es sei denn, dass praktisch keine Chancen für den Schuldner bestehen, e...