2.1 Antrag des Insolvenzgläubigers
Rn 2
Das Insolvenzgericht entscheidet über die Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verstoßes gegen Obliegenheiten nicht von Amts wegen, vielmehr ist ein entsprechender Antrag eines Insolvenzgläubigers erforderlich. Wird der Antrag schriftlich gestellt, ist er als bestimmender Schriftsatz unterschrieben einzureichen. Wird der Antrag von einem Bevollmächtigten eingereicht, bei dem es sich nicht um einen Rechtsanwalt handelt, ist eine Vollmacht beizufügen. Inkassounternehmen können nur dann einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen, wenn sie selbst Insolvenzgläubiger sind, denn aus § 174 Abs. 1 Satz 3 sind sie nur im Verfahren der Forderungsaufstellung und gemäß § 305 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 174 Abs. 1 Satz 3 nur im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren zur Vertretung der Gläubiger befugt. Der Antrag kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden, da dies durch das Gesetz nicht ausgeschlossen wird (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1). Nicht erforderlich ist, dass der Insolvenzgläubiger im Schlussverzeichnis aufgeführt ist. Es kommt allein auf seine Stellung als Insolvenzgläubiger i. S. d. § 38 an.
Rn 3
Der Antrag ist nur dann erfolgreich, wenn
- eine Obliegenheitsverletzung des Schuldner gem. § 295 vorliegt;
- eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingetreten ist;
- der Antrag fristgerecht beim Insolvenzgericht eingereicht wurde;
- der Antragsteller dies glaubhaft machen kann und
- ein Verschulden des Schuldners vorliegt.
2.2 Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung
Rn 4
Eine Versagung im Stadium der Wohlverhaltensperiode kann nur erfolgen, wenn der Schuldner nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht bis zur Antragstellung eine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1-4 und Abs. 2 begangen hat. Ein anderes Verhalten, z. B. das Vorliegen eines Versagungsgrundes aus § 290 bleibt wegen des abschließenden Katalogs der Obliegenheiten in § 295 unberücksichtigt.
Rn 5
Durch die Obliegenheitsverletzung des Schuldners muss eine Beeinträchtigung der Befriedigung, d. h. bei wirtschaftlicher Betrachtung eine konkret messbare Schlechterstellung der Insolvenzgläubiger eingetreten sein. Es reicht jedwede Beeinträchtigung der Befriedigung oder Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger aus. Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger ist dann beeinträchtigt, wenn diese ohne den Obliegenheitsverstoß des Schuldners im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung besser stünden, als dies aufgrund der Obliegenheitsverletzung der Fall ist. Im Gegensatz zu § 303 Abs. 1 fehlt allerdings das Merkmal der Erheblichkeit der Beeinträchtigung. Unwesentliches scheidet dagegen ganz für eine Obliegenheitsverletzung aus. Es sind Angaben dazu zu machen, dass der Schuldner unter Berücksichtigung seiner Ausbildung, seines Familienstandes und des Arbeitsmarktes in der Lage ist, ein Arbeitseinkommen im Bereich oberhalb der Pfändungsfreigrenze zu erzielen, außer der Schuldner verweigert jegliche Angaben zu seinem aktuellen Einkommen. Eine erhebliche und messbare Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung kann vorliegen, wenn der Schuldner ohne Mitteilung einer neuen Anschrift an den Treuhänder ins Ausland umzieht, so dass dieser zeitlich und sachlich unbegrenzt außer Stande ist, die abgetretenen pfändbaren Einkünfte des Schuldners zu ermitteln und einzuziehen.
Rn 6
Die Beeinträchtigung muss auch kausal auf der Obliegenheitsverletzung beruhen. Ein Kausalzusammenhang liegt vor, wenn die Insolvenzgläubiger ohne die Obliegenheitsverletzung eine bessere Befriedigung im Hinblick auf ihre Forderungen hätten erreichen können. Insoweit verbleibt dem Schuldner die Möglichkeit, die Insolvenzgläubiger trotz des objektiven Obliegenheitsverstoßes so zu stellen, als sei der Verstoß nicht erfolgt.
Rn 7
Eine Versagung ist dann als nicht gerechtfertigt anzusehen, wenn der Schuldner seinen Obliegenheitsverstoß noch vor dem Gläubigerantrag heilt, indem er z. B. die dem Treuhänder nicht vorgelegten Lohnabrechnungen (§ 295 Abs. 1 Nr. 3) nach dessen Berichtserstattung nachreicht, weil es dann auch nicht mehr zu einer Beeinträchtigung der Gläubiger kommt.
Durch nachträgliche Zahlung des pfändbaren Einkommens kann der Schuldner die Obliegenheitspflichtverletzung nicht mehr heilen, wenn er dem Treuhänder trotz dessen Aufforderung pfändbares Einkommen nicht angezeigt und ein Gläubiger bereits Versagungsantrag gestellt hat.