Rn 64
Das Gesetz selbst nennt als maßgeblichen Zeitpunkt nur die Stellung des Eröffnungsantrags, ohne zwischen einem Gläubiger- oder Eigenantrag zu unterscheiden. Dies wirft Probleme auf, wenn sich der Schuldner nachträglich dem Fremdantrag eines Gläubigers gemäß § 306 Abs. 3 Satz 1 anschließt. Denkbar ist hier,
- dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnungsantragstellung durch den Gläubiger noch selbstständig wirtschaftlich tätig war, zum Zeitpunkt der Eigenantragstellung im Zuge der Entwicklungen seine Tätigkeit aber bereits vollständig aufgegeben hat (Fall 1).
- dass der nicht mehr selbstständig wirtschaftlich tätige Schuldner zum Zeitpunkt des Fremdantrages noch mehr als 20 Gläubiger hatte, die Zeit bis zur Eigenantragstellung – ggf. in anfechtbarer Weise – aber dazu genutzt hat, die Gläubigerzahl auf weniger als 20 zu reduzieren (Fall 2).
Rn 65
Bei mehreren Anträgen ist im Ergebnis nur der Zeitpunkt des Schuldnerantrags maßgeblich. Würde sich die Abgrenzung in den genannten Fällen allein nach dem zeitlich früheren Gläubigerantrag richten, würde die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens in jedem Fall ausscheiden. Würde sie sich nach dem zeitlich späteren Eigenantrag des Schuldners richten, fände dieser Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren, wenn er im ersten Fall weniger als 20 Gläubiger hat und seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und im zweitgenannten Fall schon dann, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind.
Rn 66
Für ein Abstellen auf den Zeitpunkt des zeitlich ersten, zulässigen und begründeten Eröffnungsantrags lässt sich der Rechtsgedanke des § 139 Abs. 2 Satz 1 ins Feld führen. Wenn aber im Zeitpunkt der Eigenantragstellung die Voraussetzungen des § 304 in der Person des Schuldners erfüllt sind, und damit seine Vermögens- und Verschuldungsstruktur der eines Verbrauchers entspricht, ist kein Grund erkennbar, ihn anders zu behandeln als denjenigen, der unmittelbar – ggf. nach entsprechender Vorbereitung – einen Eigenantrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt hat. Der ehemals unternehmerisch tätige Schuldner entspricht dann gerade dem gesetzlich definierten Schuldner, auf den das Verbraucherinsolvenzverfahren zur Anwendung gebracht werden soll und für den eigentlich nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Vorteile der besonderen Verfahrensart genutzt werden können und sollen. Es ist insoweit der erkennbare Wille des Gesetzgebers zu berücksichtigen, zwar einerseits den Anwendungsbereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit der Neufassung des § 304 einzuschränken, aber andererseits das Verfahren dann zur Anwendung zu bringen, wenn dessen Vorteile zum Tragen kommen können.