Rn 80
Die Verfahrensarten des Regelinsolvenzverfahrens und des Verbraucherinsolvenzverfahrens schließen sich wegen ihrer unterschiedlichen Struktur gegenseitig aus. Es besteht mithin kein Wahlrecht des Antragstellers in Bezug auf die Verfahrensart. Wird durch den Gläubiger oder den Schuldner der Antrag ausdrücklich auf eine der beiden Verfahrensarten konkretisiert, ist das Gericht daran gebunden und kann nicht die von ihm für zulässig erachtete Verfahrensart dem weiteren Verfahren zugrunde legen. Stellt ein Gläubiger gegen eine natürliche Person einen Eröffnungsantrag, ohne Festlegung auf eine bestimmte Verfahrensart und ohne Angabe näherer Hinweise auf eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit des Antragsgegners, wird der Antrag als Antrag im Regelverfahren eingetragen (Registerzeichen: "IN"). Dadurch erfolgt lediglich eine organisatorische, aber noch nicht endgültig bindende Entscheidung, die regelmäßig nicht der Richter, sondern ein Beamter der Geschäftsstelle vornimmt, der für das Anlegen der Akten und die Registratur verwaltungsmäßig zuständig ist. Wird das Verfahren bei einem Eigenantrag des Schuldners als Verbraucherinsolvenz eröffnet, steht dem Gläubiger keine sofortige Beschwerde mit dem Ziel zu, das Verfahren in ein Regelinsolvenzverfahren überzuleiten. Umgekehrt kann ein Schuldner sofortige Beschwerde einlegen, wenn das von ihm beantragte und eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren in ein Regelinsolvenzverfahren übergeleitet wurde.
Rn 81
Hat das Insolvenzgericht den gem. § 305 gestellten Antrag zunächst zugelassen, umfasst die Verpflichtung zur Amtsermittlung auch die Zulässigkeit des Antrags und damit auch die richtige Wahl der Verfahrensart. Im Hinblick auf die Regelungen der §§ 305 Abs. 1 Nr. 1, 306 Abs. 3 Satz 2 muss möglichst kurzfristig nach Eröffnungsantragstellung eine Zuordnung des Schuldners zum Verbraucher- oder Regelinsolvenzverfahren vorgenommen werden.
Rn 82
Anhaltspunkte für eine unzutreffende Verfahrensart können sich dabei zunächst nur aus den vom Antragsteller vorgelegten und ausgefüllten amtlichen Antragsformularen (s. o. Rdn. 77) ergeben. Zu beachten sind dabei insbesondere die Eintragungen auf dem Personalbogen (Anlage 1, Rn. 12) und die Angaben im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis zur Anzahl der Forderungen und den Forderungsgründen (Anlage 6, Rn. 65). Ergeben sich Zweifel im Hinblick auf die richtige Verfahrensart, ist der Schuldner sofort aufzufordern, die zur Abgrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs notwendigen Angaben kurzfristig zu erteilen.
Rn 83
§ 13 verpflichtet weder den antragstellenden Gläubiger noch den Schuldner zur Angabe, ob die Eröffnung eines Regel- oder eines Verbraucherinsolvenzverfahrens begehrt wird. Das Gericht hat von Amts wegen die einschlägige Verfahrensart zu prüfen. Der nicht näher spezifizierte Eröffnungsantrag bedarf insoweit der Auslegung, wenn der Antragsteller nicht ausdrücklich klarstellt, welches Begehren er verfolgt. Dabei ist davon auszugehen, dass der Schuldner die Zuordnung zum zutreffenden Verfahren wünscht. So kommt es vor, dass ein Antragsteller, der die Verfahrensfähigkeit des § 304 nicht erfüllt und auch keinen Antrag nach § 305 stellen will, zur Antragstellung die ausgefüllten Formulare nach der Verbraucherinsolvenzformularverordnung (s. o. Rdn. 77) vorlegt, aber auf dem "Hauptblatt" (Antragsblatt) vergisst, unter Randnummer 1 ("… (§ 305 InsO) …") zu streichen, obwohl er eigentlich einen Regeleröffnungsantrag stellen will. Das Gericht ist im Rahmen seiner allgemeinen Fürsorgepflicht gehalten, auf eine richtige Antragstellung hinzuwirken.
Rn 84
An eine vom Antragsteller ausdrücklich gewählte Verfahrensart ist das Gericht gebunden (§ 4 InsO i. V. m. § 308 ZPO). Andererseits bearbeitet und eröffnet das Insolvenzgericht das Verfahren in der Regelinsolvenz als Regelfall, wenn der Schuldner ohne ausdrückliche Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens einen "Eröffnungsantrag" stellt und sich keine besonderen Hinweise auf die Anwendbarkeit der §§ 304 ff. ergeben.
Rn 85
Gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass nicht die konkret beantragte, sondern die jeweils andere Verfahrensart einschlägig ist, hat es den Antragsteller – gleich, ob Schuldner oder Gläubiger – gemäß § 4 InsO i. V. m. § 139 ZPO darauf hinzuweisen und zu hören. Ein Wechsel der Verfahrensart von Amts wegen (bspw. in analoger Anwendung des § 17 a GVG) kommt wegen der strukturellen Unterschiede der Verfahren nicht in Betracht.
Rn 86
Der Schuldner hat die Möglichkeit, den unzulässigen Antrag zurückzunehmen und einen neuen Antrag in der richtigen Verfahrensantrag zu stellen. Er hat aber auch die Möglichkeit, die Überleitung des Verfahrens in ein Regelinsolvenzverfahren zu beantragen. In der Sache handelt es sich um eine sachdienliche Antragsänderung, die ihre Rechtsgrundlage in § 4 InsO i. V. m. § 263 ZPO findet. Umstritten ist, ob das Insolvenzgericht auf Anordnung des Insolvenzrichters da...