Rn 91
Die örtliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts richtet sich im Verbraucherinsolvenzverfahren nach dem Wohnsitz des Schuldners (§ 4 InsO, § 13 ZPO) oder dem Aufenthaltsort bei Wohnsitzlosen (§ 4 InsO, § 16 ZPO). In den praktisch häufigen Fällen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Strafgefangenen begründet der Antritt der Strafhaft grundsätzlich keinen Wohnsitz in der JVA, sodass im Regelfall der vorherige Wohnsitz beibehalten bleibt. Zu prüfen ist gleichwohl, ob beim Antritt der Strafhaft ein für einen objektiven Beobachter erkennbarer Wille zur Aufhebung des Wohnsitzes bestand.
Rn 92
In Ermangelung einer gegenwärtigen selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit scheidet eine Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 2 aus. Dies gilt auch bei einer aufgegebenen selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit, selbst wenn anderorts noch ein Firmengelände vorhanden ist und Abwicklungsarbeiten vorzunehmen sind. Ein deutscher Schuldner, der im Inland keinen Wohnsitz hat, kann gemäß §§ 3, 4 InsO, 13 ZPO im Inland keinen Eröffnungsantrag stellen. Dies können gemäß § 15 ZPO nur im Ausland tätige Angehörige des Öffentlichen Dienstes und exterritoriale Deutsche. Eine analoge Anwendung des § 15 ZPO scheidet aus, da er nur die Rechtsverfolgung gegen diesen Personenkreis erleichtern soll, nicht aber die aktive Prozessführung.
Rn 93
Das einmal zuständige Insolvenzgericht im Inland bleibt nach Feststellung der Zuständigkeit ungeachtet von späteren Sitz-, Wohnsitzverlegungen und Änderungen des Aufenthaltsorts oder des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen ("COMI" nach Art. 3 EUInsVO) des Schuldners auch ins Ausland zuständig. Dies gilt auch für den Zeitraum vor der Eröffnung. Dasselbe gilt bei Wohnsitzverlegungen ausländischer Schuldner.
Rn 94
Die sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts im Verbraucherinsolvenzverfahren wird durch § 2 bestimmt, wobei zu beachten ist, dass Landesregierungen Änderungen durch Erlass von Verordnungen bestimmen können (§ 2 Abs. 2). Im Land Berlin sind z. B. alle Amtsgerichte für die Bearbeitung von Verbraucherinsolvenzverfahren zuständig, während die Zuständigkeit für Regelinsolvenzverfahren auf das AG Berlin-Charlottenburg konzentriert ist.
Rn 95
Die funktionelle Zuständigkeit der Richter für die Bearbeitung des Eröffnungsantrags, das Schuldenbereinigungsplanverfahren und ein u. U. sich anschließendes Eröffnungsverfahren bestimmt sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG. Die wiederkehrenden Versuche, die funktionelle Zuständigkeit für das gesamte Verbraucherinsolvenzverfahren auf den Rechtspfleger zu übertragen, waren auch mit der Novelle vom 15.07.2013 erfolglos. Ihnen stehen unüberwindbare verfassungsrechtliche Bedenken und die Notwendigkeit zum Erhalt auskömmlicher Richterpensen entgegen. Nach Eröffnung des Verfahrens und für die sich anschließende Wohlverhaltensperiode geht die funktionelle Zuständigkeit auf den Rechtspfleger über (§ 3 Nr. 2e RPflG), es sei denn, der Richter behält sich die Zuständigkeit vor und zieht das Verfahren an sich (§ 18 Abs. 2 RPflG).