Rn 41
Für die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidung über eine Ersetzung der Zustimmung ist der Richter funktionell zuständig (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG).
5.1 Anhörung und Hinweispflicht
Rn 42
Steht nach der Abstimmung über den gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan das Ergebnis fest und wurde das doppelte Mehrheitsquorum (s.o. Rdn. 8) nicht erreicht, kann das Gericht nach den Voraussetzungen des § 307 Abs. 3 Satz 1 prüfen, ob dem Schuldner Gelegenheit zu geben ist, einen geänderten bzw. ergänzten Plan vorzulegen. Ist der Plan nicht einstimmig angenommen worden, wurde aber die doppelte Mehrheit erreicht, hat das Gericht unter Hinweis auf § 309 den Schuldner zu hören, ob er die Ersetzung der Zustimmung beantragen will. Ob auch den zustimmenden Gläubigern diese Gelegenheit zu geben ist, wird vor allem in Fällen mit vielen Gläubigern als unpraktikabel und, weil nicht vorgeschrieben, bezweifelt. Dem ist wegen des Gebots des rechtlichen Gehörs nicht zu folgen, denn jeder Gläubiger hat gemäß § 309 Abs. 1 Satz 1 das Recht einen Zustimmungsersetzungsantrag zu stellen. Im Übrigen sollte allen Verfahrensbeteiligten, also auch den ablehnenden Gläubigern das Ergebnis der Abstimmung mitgeteilt werden. Bei unbekanntem Aufenthalt eines anzuhörenden Gläubigers kann in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 die Anhörung unterbleiben.
Rn 43
Nach Eingang eines Antrages auf Zustimmungsersetzung hat das Gericht den ablehnenden Gläubigern rechtliches Gehör zu gewähren, um ihnen die Möglichkeit zur Verteidigung gegen die Ersetzung ihrer fehlenden Zustimmung zu geben. Im Rahmen des rechtlichen Gehörs obliegt es dem ablehnenden Gläubiger, seine Zustimmungsverweigerung zu begründen und die Gründe glaubhaft zu machen. Erheben Gläubiger Einwendungen gegen eine Ersetzung ihrer Zustimmung, ist vor der Entscheidung noch der Antragsteller im Ersetzungsverfahren zu hören. Unterlässt das Gericht die Anhörung nach Abs. 2 Satz 1 ist die Entscheidung über die Zustimmungsersetzung rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung.
5.2 Gerichtliche Prüfung
5.2.1 Prüfung von Amts wegen
Rn 44
Bei der vom Gesetz geforderten "Doppelten Mehrheit" handelt es sich um eine förmliche Antragsvoraussetzung. Da es sich damit um eine Frage der Zulässigkeit des Antrags handelt, muss das Gericht dies von Amts wegen prüfen, denn nur das Gericht weiß exakt anhand des vorangegangenen Abstimmungsergebnisses die Mehrheitsverhältnisse. Fehlen die Mehrheiten, ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.
Rn 45
Dagegen prüft das Insolvenzgericht im Rahmen des Antrags auf Zustimmungsersetzung nicht die sachliche Angemessenheit des gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 4 vorgelegten Schuldenbereinigungsplans. Es hat lediglich bei der Vorlage des Schuldenbereinigungsplans das Vorliegen der gesetzlichen Mindestvoraussetzungen zu überprüfen, nicht aber festzustellen, ob inhaltliche Mindestanforderungen und eine Mindestquote vorhanden sind. Der Schuldner kann sogar einen Plan vorlegen, der nur eine ganz geringe Befriedigung der Gläubiger vorsieht (zur Problematik des sog. Nullplans vgl. die Kommentierung bei § 305 Rdn. 107). Ob der Plan inhaltlich angemessen ist, entscheidet nicht das Gericht, sondern die Mehrheit der Gläubiger. Schuldner und Gläubiger haben hinsichtlich des Inhalts freie Hand und können alle zivilrechtlich denkbaren und zulässigen Regelungen und Maßnahmen für die angestrebte vollständige bzw. endgültige Regulierung der Verbindlichkeiten des Schuldners regeln, wie Erlass oder Teilerlass von Forderungen, Ratenzahlungsvereinbarungen, Stundungsvereinbarungen, Verfallklauseln, Anpassungsklauseln (vgl. die Kommentierung zu § 305 Rdn. 105).
Rn 46
Das Gericht prüft nach gestelltem Zustimmungsersetzungsantrag nur die vom Gläubiger selbst mit einem detaillierten Sachverhalt eingewendeten, schlüssig dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände, aus denen sich entweder eine Benachteiligung im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) oder eine wirtschaftliche Schlechterstellung (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) ergibt (s.u. Rdn. 48). Einwendungen anderer Gläubiger sind nicht erheblich.
Rn 47
Das Vorliegen eines Insolvenzgrundes ist keine Voraussetzung für die Zustimmungsersetzung und muss daher auch nicht vom Gericht geprüft und ermittelt werden. Im Rahmen der Vergleichsrechnung bei der wirtschaftlichen Schlechterstellung (s.o. Rdn. 30) muss aber berücksichtigt werden, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Ablehnung der Eröffnung besteht, weil sich dies unmittelbar auf die fiktiven Befriedigungsaussichten der Gläubiger auswirken kann.