Rn 64
§ 309 Abs. 3 betrifft einen Sonderfall der unangemessenen Bevorzugung eines Gläubigers bzw. Benachteiligung der übrigen Gläubiger, nämlich den vorgeschobenen Gläubiger (sog. Scheingläubiger). Eine letztgültige Klärung, ob der Schuldner bewusst Forderungen bestimmter Gläubgier zu hoch angesetzt oder ganz erfunden hat, kann im Schuldenbereinigungsplanverfahren nicht erfolgen, da es nicht mit einer langwierigen Prüfung oder Beweisaufnahme belastet werden soll. Ergeben sich ernsthafte Zweifel hinsichtlich des Bestands und/oder der Höhe einer vom Schuldner angegebenen Forderung und ihres Inhabers, kann dies bereits gemäß Abs. 3 zu einem Ausschluss der Zustimmungsersetzung führen. Voraussetzung hierfür ist, dass von einer Klärung dieser Frage die Angemessenheit der Beteiligung dieses Gläubigers im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern abhängt. Die Bestimmung ist auch daraus zu erklären, dass es sich beim Eröffnungsverfahren und hier beim Verfahrensabschnitt über die Annahme des Schuldenbereinigungsplans und Ersetzung der Zustimmung um kein Erkenntnisverfahren nach den Regeln der ZPO handelt. Bei der Abwägung, ob ein Gläubiger im Verhältnis zu anderen Gläubigern "angemessen" beteiligt wird, können neben dem in jedem Fall auch bei der Entscheidung nach Abs. 3 geltenden Grundsatz der Gleichbehandlung auch allgemeine Gerechtigkeitsüberlegungen angestellt werden. Der Terminus "Angemessenheit" gibt dem Insolvenzgericht bei der Beurteilung dieser Frage auch einen Ermessensspielraum, sodass bei Streitigkeiten um letztlich nur tolerierbare geringfügige Beträge die Zustimmung gleichwohl ersetzt werden darf.
Rn 65
Voraussetzung für eine gerichtliche Entscheidung ist wieder die Glaubhaftmachung der Tatsachen, von denen die Frage der angemessenen Beteiligung abhängt und die geeignet sind, ernsthafte Zweifel zu erzeugen (vgl. oben Rdn. 48 ff.). Hat ein Gläubiger solche Tatsachen glaubhaft gemacht, gehen Zweifel am Bestehen der Forderung zulasten des Schuldners. Dies gilt besonders dann, wenn bei einem Fast-Nullplan vom Ausgang des Streits über den Bestand und Höhe der Forderung nicht nur die Angemessenheit der Beteiligung abhängt, sondern die Frage, ob überhaupt die Kopf- und Summenmehrheit der zustimmenden Gläubiger erreicht wird. Gläubiger können dadurch benachteiligt werden, dass vom Schuldner benannte Gläubiger nicht Inhaber der angegebenen Forderung sind und dadurch das Stimmrecht der tatsächlichen Gläubiger beeinträchtigt wird. Die Vorlage eines vollstreckbaren Titels macht zunächst den Bestand und die Höhe der Forderung zu einem bestimmten Zeitpunkt glaubhaft. Dem Schuldner obliegt es, angeblich getätigte Zahlungen durch Vorlage von Belegen seinerseits glaubhaft zu machen. Für die Entscheidung über den Bestand und die Höhe der Forderung ist aber letztendlich das Prozessgericht zuständig. Bei einer Unsicherheit über den Bestand einer Forderung kann der Schuldenbereinigungsplan auch vorsehen, dass im Falle einer nachträglichen Anerkennung oder gerichtlichen Titulierung des streitigen Forderungsteils eine Quote in Höhe der nach dem Schuldenbereinigungsplan eigentlich zustehenden Quote nachträglich ausgezahlt wird (sog. Eventualquote).
Rn 66
Bei Forderungen nahestehender Personen reicht die bloße persönliche Beziehung zum Schuldner für sich genommen nicht aus, um Zweifel am Bestand der Forderung zu rechtfertigen. Wenn weitere Umstände hinzukommen, die hinreichende Verdachtsmomente für ein tatsächliches Nichtbestehen der Forderung begründen, trifft den Schuldner eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Forderung. Grundsätzlich ist es in Insolvenzverfahren nichts Außergewöhnliches, wenn bei Transaktionen des Schuldners mit nahestehenden Personen ein besonderes Misstrauen angezeigt ist. Dies ist in § 138 für bestimmte Gruppen von nahestehenden Personen sogar formal geregelt.
Rn 67
Abs. 3 erfasst in analoger Anwendung auch die Frage, ob die Kopf- und Summenmehrheit betroffen ist. Macht ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, ob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen höheren oder niedrigeren Betrag richtet als angegeben, so kann von dem Ausgang des Streits nicht nur abhängen, ob der Gläubiger in dem vorgelegten Schuldenbereinigungsplan im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt wird (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Die Frage kann vielmehr schon sein, ob ohne die bestrittenen Forderungen überhaupt die Kopf- und Summenquote des Abs. 1 Satz 1 erreicht wird. Auch beim Streit über die Wirksamkeit von Sicherheiten ist Abs. 3 analog anwendbar.
Rn 68
Nicht anwendbar ist Abs. 3 aber auf den Fall, dass ein Gläubiger gar nicht im Plan aufgeführt worden ist. Zum Schutz dieser Gläubiger sieht § 308 Abs. 3 Satz 1 vor, dass Forderungen, die in dem Schuldenbereinigungsplan nicht enthalten sind, durch den Plan nicht angetastet werden, sodass die betreffenden Gläubiger weiterhin Erfüllung verla...