2.1 Erfasste Regressforderungen
Rn 2
§ 44 erfasst alle Forderungen, die dem leistenden Gesamtschuldner oder Bürgen bzw. Rückbürgen gegen den Schuldner aus der Befriedigung des Hauptgläubigers zustehen können. Dem gleichgestellt sind – wie bei § 43 – Sachmithaftungen im Sinne des § 1143 BGB und § 1225 BGB sowie Befreiungsansprüche eines vom Hauptschuldner beauftragten Bürgen. § 44 gilt entsprechend bei zusätzlichen Sicherheiten (z. B. abstraktes Schuldanerkenntnis) des Hauptschuldners.
Rn 3
Auf den Rechtsgrund der Forderung kommt es nicht an. Erfasst werden sowohl Ausgleichsansprüche nach den vertraglichen Regelungen des Innenverhältnisses als auch aufgrund der in § 426 Abs. 2 bzw. § 774 BGB normierten cessio legis übergegangenen Ansprüche und Sicherheiten. Diese Ansprüche sind dem Grunde nach bereits mit Abschluss des die Mithaftung begründenden Vertrages aufschiebend bedingt entstanden.
Rn 4
Nicht erfasst sind etwaige dem Regressgläubiger dienenden Sicherheiten. Hat dieser sich daher für seinen Regressanspruch z. B. ein Pfandrecht an einem Gegenstand des Schuldners einräumen lassen, kann er aus diesem Recht gegenüber der Masse Ansprüche verfolgen, ohne dass § 44 entgegensteht. Die Möglichkeit der Aufrechnung ist anders als im alten Recht zur KO, wo diese generell zugelassen wurde, durch die Neuregelung in § 95 Abs. 1 Satz 3 nur noch dann zulässig, wenn der Regressgläubiger seine Forderung durch Befriedigung des Hauptgläubigers vor der unbedingten Fälligkeit des Schuldneranspruchs erworben hat.
2.2 Zeitpunkt der Regressleistung
Rn 5
§ 44 regelt den Fall, dass der Regressgläubiger eine Forderung erst künftig gegen den Schuldner erwirbt, d. h. zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung an den Hauptgläubiger noch nicht – auch nicht teilweise – geleistet hat. Wird nun künftig – also nach Eröffnung des Verfahrens – geleistet, so geht der Anspruch auf den Regressgläubiger über, der aufschiebend bedingt durch die Zahlung bereits im Moment des Abschlusses des Bürgschaftsvertrags (oder sonstigen Ausgleichverhältnisses) und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Es liegt keine Masseverbindlichkeit, sondern eine Insolvenzforderung vor. Damit gilt auch für die sich erst nach Verfahrenseröffnung realisierende Regressforderung das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung, § 89. § 44 steht nicht der Einordnung als Insolvenzforderung, sondern lediglich der Geltendmachung im Insolvenzverfahren entgegen.
Rn 6
Der Regressgläubiger ist wegen der Gefahr einer späteren Inanspruchnahme zur Anmeldung seiner (künftigen) Regressforderung auch schon vor Befriedigung des Gläubigers berechtigt. Es liegt dann eine aufschiebend bedingte Forderung vor, die gleichwohl – wie sich aus § 191 ergibt – am Verfahren teilnimmt (§ 42 Rn. 9). Sogar ein Befreiungs- bzw. Mitwirkungsanspruch kann angemeldet werden, wobei hier ggf. eine Umrechnung nach § 45 Satz 1 zu erfolgen hat.
2.3 Nichtgeltendmachung durch den Hauptgläubiger
Rn 7
Grundsätzlich ist nicht davon auszugehen, dass ein Gläubiger auf sein Teilnahmerecht am Verfahren ohne Gegenleistung verzichtet, weil er damit einen potentiellen wirtschaftlichen Vorteil aufgeben würde. Praktisch relevant sind daher vor allem freiwillige Reduzierungen durch den Hauptgläubiger, wenn dieser z. B. einem Mithaftenden eine Teilnahme am Insolvenzverfahren in der Höhe ermöglichen möchte, in der er von diesem Befriedigung erfahren hat.
Rn 8
Allerdings ist es ebenfalls denkbar, dass der Hauptgläubiger seine Ansprüche weder gegen den Insolvenzschuldner noch den Regressgläubiger geltend macht. Letzterer kann dann nach Rn. 6 vorgehen. Entschließt sich der Hauptgläubiger dazu, eine nachträgliche Anmeldung seines Anspruchs vorzunehmen, ist die Forderung des Regressgläubigers zu bestreiten bzw. im Rahmen der gerichtlichen Vorprüfung zurückzuweisen, wenn ein Prüfungstermin noch nicht stattgefunden hat. Ist der Prüfungstermin bereits erfolgt, muss der Verwalter wegen der Titelfunktion des Tabellenauszugs gegen diesen im Wege des § 767 ZPO vorgehen, wenn der Regressgläubiger sich vorab nicht freiwillig zu einer Rücknahme bereit erklärt.