Rn 35
Treuhandverhältnisse sind im Gesetz nicht geregelt. Zunächst ist zu unterscheiden in die echte Treuhand (auch Vollrechtstreuhand oder fiduziarische Treuhand) und die unechte Treuhand (auch Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand). Bei der unechten Treuhand bleibt der Treugeber stets Rechtsinhaber, sodass ihm ein Aussonderungsrecht zusteht. Bei echten Treuhandverhältnissen fällt die Berechtigung zur Verfügung über den Gegenstand oder das Recht und die wirtschaftliche Vermögensposition auseinander. Wirtschaftlich bleibt der Treugeber Eigentümer der Sache bzw. des Rechts. Der Treuhänder ist jedoch "quasi-dinglich" verfügungsberechtigt. Zu unterscheiden ist in die (echte) uneigennützige Treuhand (Verwaltungstreuhand) sowie die (echte) eigennützige Treuhand (Sicherungstreuhand). Bei der uneigennützigen Treuhand besteht ein Recht des Treuhänders, über den Gegenstand bzw. über das Recht im Interesse und nach Weisung des Treugebers zu verfügen. Bei der eigennützigen Treuhand verwahrt der Treuhänder das Gut in der Regel zur Sicherung eigener Forderungen.
3.3.1 (Echte) uneigennützige Treuhand
Rn 36
Bei der (echten) uneigennützigen Treuhand gilt: Fällt der Treuhänder in die Insolvenz, steht dem Treugeber nach herrschender Meinung ein Aussonderungsrecht zu, da das Treugut ihm haftungsrechtlich zugewiesen ist. Probleme bestehen, weil das Treugut "quasi-dinglich" dem Treuhänder zuzuordnen ist. Die Treuhand beschreibt Grenzfälle zwischen einer nur schuldrechtlichen Berechtigung, die allenfalls ein Absonderungsrecht herleiten kann und dinglichen bzw. in ihrer wirtschaftlichen Betrachtung mit dinglichen Positionen gleichgesetzten Rechten, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie das Treuhandverhältnis schuldrechtlich ausgestaltet und dinglich gelebt wird. Schuldrechtlich ist eine Abrede notwendig, die beschreibt wie der Treuhänder mit dem Treugut zu verfahren hat. Verwendet allerdings der Treuhänder die Gegenstände treuwidrig, in dem er beispielsweise Kundengelder nach außen erkennbar wie eigenes Vermögen behandelt, entfällt das Aussonderungsrecht.
Rn 37
Wie die Treuhand dinglich zu leben bzw. auszugestalten ist, ist streitig. Die Rechtsprechung dazu ist uneinheitlich. Hier werden drei Voraussetzungen diskutiert, die teilweise alleine, teilweise nur in Kombination ein Aussonderungsrecht begründen sollen. Nach dem Vermögenstrennungsprinzip kann eine Aussonderung dann erfolgen, wenn das Treugut getrennt vom Vermögen des Treuhänders verwahrt wurde. Nach einer weniger strengen Ansicht reicht es nach dem Offenkundigkeitsprinzip aus, wenn das Treuhandverhältnis für Dritte offenkundig ist. Ergänzend wird nach dem Unmittelbarkeitsprinzip gefordert, dass der Treuhänder die dingliche Berechtigung direkt vom Treugeber erhalten hat. Im Allgemeinen wird eine Kombination aus Vermögenstrennungsprinzip und Unmittelbarkeitsprinzip für ausreichend erachtet, wobei jedoch beim Unmittelbarkeitsprinzip beispielsweise bei der Zahlung eines Dritten auf ein Rechtsanwaltsanderkonto Ausnahmen gemacht werden. Letztendlich wird durch das Vermögenstrennungsprinzip die allgemeine Voraussetzung der Aussonderung, dass der Vermögensgegenstand unterscheidbar vom Vermögen des Insolvenzschuldners gehalten sein muss, ausgedrückt und es wird versucht, über das Unmittelbarkeitsprinzip eine mehr oder weniger trennscharfe Abgrenzung zwischen dinglicher Berechtigung und wirtschaftlicher Eigentümerstellung zu konstruieren.
Rn 38
Fällt der Treugeber in die Insolvenz, ist das Treugut bei der fremdnützigen Treuhand haftungsrechtlich dem Vermögen des Treugebers zuzuordnen. Der Insolvenzverwalter kann daher Herausgabe des an den Treuhänders übertragenen Vermögens verlangen.
3.3.2 (Echte) eigennützige Treuhand
Rn 39
In der Insolvenz des Treuhänders hat der Treugeber grundsätzlich ein Aussonderungsrecht. Voraussetzung ist dafür, dass die gesicherte Forderung erfüllt wird oder der Sicherungszweck entfallen ist. Dies gilt aber nur insoweit, als das Treugut getrennt vom Vermögen des Treuhänders verwahrt wurde.
Rn 40
Gleiches gilt für Mietkautionen die regelmäßig beim Vermieter in Form einer echten Sicherungstreuhand hinterlegt werden. Zwar sieht der Gesetzgeber für Wohnraummietverhältnisse in § 151 Abs. 3 Satz 3 BGB eine getrennte Anlage vom Vermögen des Vermieters vor, um die Kaution für den Insolvenzfall zu sichern. Diese Vorschrift begründet jedoch noch kein Aussonderungsr...