Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 1
Grundsätzlich wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer an einem Rechtsstreit beteiligten Partei dieser Rechtsstreit gemäß § 240 ZPO in seiner Neufassung durch Art. 18 Nr. 2 EGInsO unterbrochen, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist. Nach der Neufassung des § 240 ZPO tritt diese Unterbrechung nunmehr nach Satz 2 auch schon im Eröffnungsverfahren ein, wenn durch gerichtliche Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2Nr. 2 Fall 1 die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist. § 24 Abs. 2 ordnet für den Fall einer solchen Verfahrensunterbrechung die entsprechende Geltung der Regelung über die Aufnahme durch den endgültigen Verwalter (§ 85 Abs. 1 Satz 1) an, während auf die bei Verzögerung oder Ablehnung der Aufnahme durch den endgültigen Verwalter anwendbaren Vorschriften (§ 85 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) bewusst nicht verwiesen worden ist.
Im Übrigen sind in den §§ 85, 86 die früheren Lösungen der §§ 10, 11 KO vollständig übernommen und lediglich redaktionell angepasst worden. Sie regeln die Voraussetzungen, unter denen Rechtsstreitigkeiten aufgenommen werden können, die bei Beginn des Insolvenzverfahrens unter Beteiligung des Insolvenzschuldners anhängig sind: § 85 betrifft die Aufnahme von sog. Aktivprozessen; § 86 enthält die Voraussetzungen, unter denen bestimmte Passivprozesse vom Insolvenzverwalter und vom Gegner aufgenommen werden können. Diese Vorschriften und § 240 ZPO stellen eine Ergänzung zu § 80 dar, da mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Verwalter beim Insolvenzschuldner der Verlust der Prozessführungsbefugnis verbunden ist und das weitere Schicksal der Rechtsstreitigkeiten bzw. die Beteiligung des Verwalters geregelt werden muss. Die Unterbrechung gibt dem Insolvenzverwalter Gelegenheit, sich in den Rechtsstreit einzuarbeiten und dessen Erfolgsaussichten zu prüfen, also etwa zu eruieren, ob mit dem anhängigen Aktivrechtsstreit Vermögenswerte zugunsten der Insolvenzmasse realisiert werden können. Bei einem Passivrechtsstreit, der eine Insolvenzforderung zum Gegenstand hat, ist die Aufnahme erst zulässig, wenn die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und gegen sie im Prüfungsverfahren Widerspruch eingelegt worden ist (§§ 87, 174 ff., § 180 Abs. 2, § 184 Satz 2).
Nach inzwischen auch in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung durchgedrungener Ansicht unterbricht grundsätzlich auch ein im Ausland eröffnetes Insolvenzverfahren nach § 240 ZPO einen im Inland anhängigen, die Insolvenzmasse betreffenden Rechtsstreit mit dem Insolvenzschuldner. Auch ein Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung des Schuldners (§§ 270 ff.) führt zur Unterbrechung eines die Insolvenzmasse betreffenden rechtshängigen Rechtsstreits, und zwar nicht nur bei einem Prozess über eine Insolvenzforderung (vgl. insoweit §§ 87, 174 ff., § 180 Abs. 2, § 184 Satz 2), sondern auch bei Rechtsstreitigkeiten i.S. des § 85 oder des § 86. Denn der Insolvenzschuldner, der sich vor der Insolvenzeröffnung bei der Prozessführung auf die Wahrnehmung seiner eigenen Interessen beschränken durfte, hat sich nunmehr als "Amtswalter" an den Interessen der Gläubiger zu orientieren, was die Sachlage beträchtlich ändern kann.