Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 8
Eine Aufrechnung des Ersatzpflichtigen mit einer ihm gegen den Insolvenzgläubiger zustehenden Forderung scheitert bei einer Ersatzpflicht aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, z.B. aus § 826 BGB oder aus vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, an § 393 BGB. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sich eine Aufrechnungsmöglichkeit aus analoger Anwendung der §§ 94 ff. oder aus § 392 BGB ergeben.
Eine Aufrechnung des Insolvenzgläubigers mit seinem Ersatzanspruch gegen eine ihn gegenüber dem Ersatzpflichtigen treffende Verbindlichkeit wird überwiegend mit der Begründung für unzulässig gehalten, auch bei der Aufrechnung handle es sich um eine "Geltendmachung" i.S. des § 92, durch die die gesetzlich bezweckte Gläubigergleichbehandlung vereitelt werde. Dies ist zwar richtig. Die Frage ist aber, ob § 92 auch dort für Gleichbehandlung aller Gläubiger sorgen will, wo ein Gläubiger schon vor Verfahrenseröffnung eine ansonsten respektierte Vorzugsstellung in Form einer Aufrechnungsmöglichkeit, also eines "Pfandrechts an der eigenen Verbindlichkeit", erlangt hatte, ob die Vorschrift mithin nicht nur einen Gläubigerwettlauf während des Insolvenzverfahrens verhindern, sondern auch einem Gläubiger einen bereits vor Verfahrenseröffnung errungenen Vorsprung wieder nehmen will. § 92 will dies, wie sich im Ergebnis auch aus der Begründung zum Regierungsentwurf ergibt, ebenso wenig, wie das gleichfalls auf Gläubigergleichbehandlung bedachte Vollstreckungsverbot des § 87 eine Bevorzugung einzelner Gläubiger durch Belassung einer Aufrechnungsmöglichkeit nach §§ 94 ff. verhindern will.
Hinsichtlich der Verjährung der vom Verwalter geltend zu machenden Ansprüche auf Ersatz eines Gesamtschadens kann der Umstand zu Schwierigkeiten führen, dass § 199 Abs. 1 BGB (ggf. i.V.m. § 62 Satz 1) für den Beginn der Verjährung u.a. auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des jeweiligen Gläubigers abstellt. Richten sich die Ansprüche wie in einem vom BGH entschiedenen Fall gegen den Insolvenzverwalter, so tauchen diese Schwierigkeiten nicht auf, weil wegen der während des Insolvenzverfahrens fehlenden Prozessführungsbefugnis der Insolvenzgläubiger deren Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) von der Masseschädigung nicht für den Verjährungsbeginn maßgebend sein konnte. Der BGH sprach deshalb aus, die Verjährung beginne erst, wenn in der Person des nach § 92 Satz 2 bestellten Sonderverwalters oder neuen Verwalters die Verjährungsvoraussetzungen vorliegen. Bei einer schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Masseverkürzung, die etwa zu Ansprüchen der (späteren) Insolvenzgläubiger nach § 826 BGB geführt hat, vermag diese Erwägung dem Insolvenzverwalter nicht zu dem von ihm sicher gewünschten einheitlichen Verjährungsbeginn zu verhelfen. Eine analoge Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Insolvenzbeschlag als Vollstreckungshandlung) mit der Folge eines Neubeginns der Verjährung dürfte ausscheiden; ebenso eine Verjährungshemmung analog § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB, denn es ist ja nicht der Ersatzanspruch im Insolvenzverfahren gegen den Ersatzpflichtigen, sondern nur die durch den Ersatzanspruch geschützte Forderung in dem gegen eine andere Person gerichteten Insolvenzverfahren angemeldet worden.