2.1 Diensterfindung
Rn 7
Die Vorschrift regelt nur die Auswirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers auf "Diensterfindungen". Hierunter sind nach der Legaldefinition von § 4 Abs. 2 ArbnErfG während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindungen zu verstehen, die entweder
- aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden sind oder
- maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs oder der öffentlichen Verwaltung beruhen.
§ 27 ist damit weder auf freie oder freigewordene Erfindungen noch auf technische Verbesserungsvorschläge anwendbar. Für diese Erfindungen bzw. Verbesserungsvorschläge bedarf es des Regelungssystems von § 27 ArbnErfG auch nicht. Stattdessen gelten in der Insolvenz des Arbeitgebers für etwaige Vergütungsforderungen des Erfinders – worauf auch bereits der Gesetzgeber im Rahmen der Novellierung von § 27 ArbnErfG zum 01.01.1999 hingewiesen hat – die allgemeinen insolvenzrechtlichen Regelungen. Bei dem Zahlungsanspruch handelt es sich demnach in Abhängigkeit davon, wann die Benutzung der Erfindung (§ 19 ArbnErfG) bzw. die Verwertung des Verbesserungsvorschlags (§ 20 ArbnErfG) erfolgt, um eine Insolvenz- oder eine Masseforderung. Gegebenenfalls hat eine Abgrenzung stattzufinden.
Die sich aus der Fokussierung auf Diensterfindungen ergebende Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 27 ArbnErfG lässt sich (zumindest teilweise) daraus erklären, dass der Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO nur die Diensterfindung unterfällt. Nur bezüglich dieser besteht ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters.
2.2 Inanspruchnahme
Rn 8
Die Diensterfindung muss vom Arbeitgeber i. S. d. § 6 ArbnErfG in Anspruch genommen worden sein, da sie erst hierdurch der Insolvenzmasse zugehörig wird. Die Inanspruchnahme setzt eine ordnungsgemäße Erfindungsmeldung durch den Arbeitnehmer voraus. Dieser ist nach § 5 Abs. 1 ArbnErfG zur unverzüglichen Meldung der Diensterfindung nach deren Fertigstellung verpflichtet. Unverzüglich ist dabei als ohne schuldhaftes Zögern i. S.v. § 121 Abs. 1 BGB zu verstehen. Ohne eine ordnungsgemäße Erfindungsmeldung wird die Frist des § 6 Abs. 2 ArbnErfG nicht in Gang gesetzt, so dass es auch nicht zu einer fingierten Inanspruchnahmeerklärung kommt. Auch bei einer verspäteten Erfindungsmeldung gilt, dass das vom Gesetzgeber vorgesehene System der Zuordnung des Erfindungsrechts und des Vergütungsanspruchs erst mit der Meldung der Diensterfindung durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eingreift.
Durch die Inanspruchnahme gehen alle vermögenswerten Rechte an der Erfindung auf den Arbeitgeber über. Gleichzeitig entsteht der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers. Bei ihm handelt es sich allerdings nicht um einen einheitlichen Anspruch, der einmalig entsteht. Stattdessen entstehen für die Dauer des Schutzrechts fortlaufend neue Vergütungsansprüche. Gegen die Entstehung eines einzigen Vergütungsanspruchs streitet neben der Tatsache, dass die Höhe der Vergütungsforderung zunächst nicht feststeht, insbesondere auch § 27 Nr. 4 ArbnErfG. Wenn es dort heißt, der Arbeitnehmer könne seine Vergütungsansprüche im Übrigen nicht als Insolvenzforderung geltend machen kann, zeigt dies, dass es sich beim Vergütungsanspruch nicht um einen einheitlichen Anspruch handeln kann, da ein Anspruch nur Insolvenzforderung oder Masseforderung sein kann.
§ 6 ArbnErfG hat durch das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts wesentliche Änderungen erfahren, die sich sowohl auf Abs. 1 als auch auf Abs. 2 der Norm beziehen.
Zur alten Rechtslage hatte das OLG Karlsruhe entschieden, dass das Recht auf Inanspruchnahme der Diensterfindung i. S. v. § 6 ArbnErfG kein Anwartschaftsrecht, sondern ein Recht eigener Art darstellte, das als höchstpersönliches Recht des Arbeitgebers weder übertragbar noch pfändbar oder verpfändbar war. Zur Begründung verwies es darauf, dass die Diensterfindung erst mit der ...