Rn 1
Gemäß Art. 102 § 2 EGInsO soll das deutsche Insolvenzgericht seine tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu seiner internationalen Zuständigkeit im Eröffnungsbeschluss für den Fall kurz darstellen, dass möglicherweise auch ein anderer Mitgliedstaat international zuständig sein könnte.
Rn 2
Der Eröffnungsbeschluss sollte deshalb hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit des Gerichts mit Gründen versehen werden. Zudem sind nach Art. 16, 17 EuInsVO (Art. 19, 20 EuInsVO n. F.) die Gerichte verpflichtet, die Eröffnungsentscheidung der Gerichte anderer Mitgliedstaaten anzuerkennen, ohne diese nachzuprüfen. Dies setzt wiederum eine hinreichende Prüfung des eröffnenden Insolvenzgerichts hinsichtlich seiner internationalen Zuständigkeit voraus. Dieser Verknüpfung der internationalen Zuständigkeit liegt nach Erwägungsgrund 22 EuInsVO (Erwägungsgrund 65 EuInsVO n. F.) der Grundsatz des gemeinschaftlichen Vertrauens zugrunde. Der EuGH stellte in seiner Eurofood-Entscheidung die Relevanz dieses Aspekts eindeutig klar. Wenn das Insolvenzgericht den Eröffnungsbeschluss ohne Prüfung und Begründung der internationalen Zuständigkeit erlässt, so ist er nicht nichtig. Gegebenenfalls kann ein solches Vorgehen jedoch zu Amtshaftungsansprüchen führen, wenn das ausländische Gericht das deutsche Verfahren als Partikularinsolvenzverfahren betrachtet und im Ausland ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wird. Die Folge wäre in dieser Konstellation nämlich, dass der deutsche Insolvenzverwalter auf das im Ausland belegene Vermögen nicht direkt Zugriff nehmen kann.
Rn 3
Das deutsche Gericht kann Art. 102 § 2 EGInsO nicht dadurch genügen, dass es pauschal in jedem Fall ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet (weil beispielsweise der Gutachter keine Angaben zu den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO gemacht hat). Es empfiehlt sich, bereits im Beschlusstenor das Verfahren ausdrücklich als "Hauptinsolvenzverfahren im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 v. 28.05.2000 (EuInsVO)" zu eröffnen, sodass die Bezeichnung auch nach §§ 9 und 30 InsO veröffentlicht wird. Gleichwohl ist die Bezeichnung als "Hauptverfahren" nur deklaratorisch.
Rn 4
Ein Umstand, der eine Begründung des hiesigen Gerichts bezüglich seiner internationalen Zuständigkeit erforderlich macht, soll bereits dann vorliegen, wenn in einem anderen Mitgliedstaat Vermögen belegen ist.
Rn 5
Die Regelung des Art. 102 § 2 EGInsO macht es erforderlich, dass im Insolvenzeröffnungsverfahren auch der deutsche Gutachter zu der internationalen Zuständigkeit des deutschen Gerichts Stellung nimmt, wenn der Schuldner in anderen Mitgliedstaaten Europas Vermögenswerte hat.