Rn 28

Nach der nunmehr in Gesetzesrang erhobenen Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 3 InsO (zuvor § 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV) ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt maßgeblich, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt.

Informationsquellen zu den für die Berechnungsgrundlage maßgeblichen Vermögensgegenständen ergeben sich aus dem meist gleichzeitig durch den vorläufigen Insolvenzverwalter zu erstattenden insolvenzrechtlichen Sachverständigengutachten bzw. dem dort beigefügten ausführlichen Vermögensstatus. In seinem Vergütungsantrag hat der vorläufige Verwalter schon im eigenen Interesse im Hinblick auf § 11 Abs. 2 detailliert darzulegen, mit welchen belasteten Vermögensgegenständen er sich konkret in welchem Umfang auseinandergesetzt hat. Anhaltspunkte zu der tatsächlich durch den Insolvenzverwalter verwalteten Aktivmasse können sich auch aus dem Ergebnis einer späteren Verwertung ergeben. Dies hat der BGH zwar in seiner umstrittenen Entscheidung v. 14.12.2005[73] zunächst ausdrücklich in Abrede gestellt, jedoch bringt der Verordnungsgeber mit dem durch die 2. Änderungsverordnung v. 21.12.2006 neu eingefügten Anderungsvorbehalt in § 11 Abs. 2 n.F. deutlich zum Ausdruck, dass er spätere Wertabweichungen nach einer Verwertung des Vermögensgegenstandes gegenüber der dem Vergütungsantrag zugrunde gelegten Werteinschätzung berücksichtigen will. Es wird also beispielsweise ein erheblicher Mehrerlös bei einer vor Festsetzung der Vergütung vorgenommenen Verwertung des betreffenden Vermögensgegenstandes zu berücksichtigen sein. Dies erscheint im Gegensatz zu der streng stichtagsbezogenen Betrachtung auch sinnvoll, da auch bei einer vom Verordnungsgeber geforderten handelsrechtlichen Bewertung Erkenntnisse aus einer Verwertung des Vermögensgegenstandes einfließen können, die nach dem betreffenden Stichtag entstanden sind. Dies ändert auch nichts daran, dass die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters aus sich heraus isoliert vergütungsrechtlich gewürdigt wird, weil durch das Verwertungsergebnis oft der ursprünglich nur prognostizierte Wert konkretisiert und damit nur der tatsächliche Wert des Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt der vorläufigen Verwaltung aufgedeckt wird. Eine Ausnahme davon gilt lediglich dann, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich der Wert des betreffenden Vermögensgegenstandes vom Zeitpunkt seiner Schätzung bis zur Verwertung aufgrund äußerer Einflüsse verändert hat[74]. Für die stichtagsbezogene Bewertung dürfen alle Erkenntnisquellen herangezogen werden, auch wenn sie erst nach dem Stichtag, d. h. zum Beispiel im eröffneten Verfahren im Rahmen einer Verwertung entstanden sind. Entscheidend ist nur, dass sich daraus eine stichtagsbezogene Bewertung des Vermögensgegenstandes herleiten lässt. Diese Erkenntnisquellen können bis zum letzten tatrichterlichen Entscheidungszeitpunkt, d. h. auch noch im Beschwerdeverfahren herangezogen werden[75]. Es ist also nicht nur auf die Erkenntnisquellen abzustellen, die aus damaliger Sicht zum Stichtag verfügbar waren. Fehlen solche Erkenntnisquellen für eine stichtagsbezogene Bewertung, kann notfalls auch eine Schätzung nach § 287 ZPO erfolgen[76]. Eine solche Schätzung kann sich im Falle einer Rücknahme oder Erledigung des Eröffnungsantrages auch an den Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners orientieren, da zumindest in dieser Höhe entsprechendes Vermögen des Schuldners im Hinblick auf die Verfahrensbeendigung unterstellt werden muss[77]. Eine Ermittlung des tatsächlichen Vermögens des Schuldners kann und muss in diesen Fällen aber nicht mehr erfolgen[78].

 

Rn 29

Bei der Bewertung der zum Aktivvermögen gehörenden Gegenstände ist nicht von Buchwerten, sondern von den tatsächlichen Zeitwerten auszugehen[79]. Dieser Zeitwert ist naturgemäß davon abhängig, ob das Unternehmen stillgelegt oder fortgeführt wird. Im Falle einer Stilllegung sind diejenigen Werte zugrunde zu legen, die sich voraussichtlich im Wege einer kurzfristigen Veräußerung des Schuldnervermögens am Markt erzielen lassen (Liquidationswerte). Ist es aber nach den begründeten Darlegungen des vorläufigen Insolvenzverwalters ausreichend wahrscheinlich, dass das Schuldnerunternehmen fortgeführt und voraussichtlich erhalten werden kann, darf der Vergütungsberechnung ein ggf. höherer Fortführungswert des jeweiligen Vermögensgegenstandes zugrunde gelegt werden[80].

 

Rn 30

Bereits mit der 1. Änderungsverordnung zur InsVV v. 4.10.2004 hat der Verordnungsgeber klargestellt, dass in die Berechnungsgrundlage das gesamte Vermögen einzubeziehen ist, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Damit sollte schon damals zum Ausdruck gebracht werden, dass alle Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind, auf die sich die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters erstreckt, unabhängig davon, ob sich diese Vermögensgegenstände noch zum Stichtag der Verfahrenseröff...

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