2.1 Legaldefinition des Mitverpflichteten
Rn 2
Nach § 22 Satz 1 ist ein Mitverpflichteter eine andere Person als der Schuldner, die für die Verpflichtung des Schuldners aus der Anleihe Sicherheiten gewährt hat. Bei dem Mitverpflichteten kann es sich etwa um die Muttergesellschaft des Emittenten handeln, die eine Bürgschaft oder eine Garantie gegeben hat, oder aber auch um eine Sicherheit des Staates. Grundsätzlich kommen als Sicherungsgeschäfte insbesondere die in § 232 BGB aufgezählten Arten einer Sicherheitsleistung in Betracht. Im Regelfall wird es sich um einen zwischen Schuldner und Sicherungsgeber geschlossenen Garantievertrag zu Gunsten Dritter handeln. Zur Gewährung der Sicherheiten kommt es häufig deshalb, weil die Anleihen von Finanzierungsgesellschaften begebenen werden, die selbst über keine eigenen Sicherheiten verfügen.
Rn 3
Unklar ist, wie die Konstellationen zu beurteilen sind, in denen etwa ein Treuhänder Vermögensgegenstände als Sicherheit (z. B. Grundschuldbriefe) hält, die bei Vorliegen im Vorhinein festgelegter Voraussetzungen verwertet werden müssen. Hier könnte daran gedacht werden, auch den Treuhänder als Mitverpflichteten zu betrachten. Sofern der Treuhänder bereits in den von ihm unterschriebenen Anleihebedingungen als Mitverpflichteter erwähnt wird, ist das unproblematisch. Enthält demgegenüber eine gesonderte Vereinbarung die Sicherungsabrede, so zeitigt eine Änderung der Anleihebedingungen aufgrund eines Beschlusses der Gläubiger gegenüber dem Treuhänder keine Wirkung.
2.2 Erstreckung von Änderungen der Anleihebedingungen auf Mitverpflichtete
Rn 4
Nach § 22 Satz 1 können die Anleihebedingungen vorsehen, dass die §§ 5 bis 21 für Rechtsgeschäfte mit Mitverpflichteten entsprechend gelten. Eine Anpassung der Sicherungsabrede kann insbesondere in Krisensituationen angezeigt sein. Enthalten ausnahmsweise bereits die Anleihebedingungen die Sicherungsabrede, bedarf es eines Rückgriffs auf § 22 nicht. Die §§ 5 ff. gelten dann unmittelbar. Ist die Sicherungsabrede dagegen nicht Bestandteil der Anleihebedingungen, können die §§ 5 bis 21 nur über § 22 zur Anwendung kommen Sofern für Sicherungsgeschäfte die §§ 5 bis 21 gelten sollen, ist das nur einheitlich, d. h. umfassend für alle Vorschriften möglich. Eine Begrenzung auf einzelne Normen ist nicht zulässig. Für diese Auffassung streitet neben dem Wortlaut auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
Rn 5
Um die Änderung umzusetzen, sieht § 22 Satz 2 vor, dass die Anleihebedingungen ausdrücklich Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger unter Benennung der Rechtsgeschäfte und der Mitverpflichteten vorsehen müssen. Sofern die ursprünglichen Anleihebedingungen keine Abänderungsmöglichkeit vorsehen, kann sie noch nachträglich durch Beschluss der Gläubiger herbeigeführt werden. Insoweit gilt § 21.
Eine Erstreckung von Änderungen der Anleihebedingungen auf Mitverpflichtete erfordert damit zweierlei:
- zum einen ist notwendig, dass die Anleihegläubiger mit einer Modifizierung der Sicherungsabrede einverstanden sind, da sich Emittent und Sicherungsgeber nicht einseitig im Wege eines Vertrages zu Lasten Dritter über eine Anpassung der Sicherungsabrede verständigen können; es bedarf einer Änderungsvereinbarung aller drei beteiligten Vertragspartner;
- zum anderen ist erforderlich, dass die Änderungsbefugnis Bestandteil der Anleihebedingungen ist, denn nach § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 6 können nur die Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Andere Absprachen unterliegen nicht der Abänderbarkeit durch Mehrheitsbeschluss. In den Anleihebedingungen ist dann zusätzlich zur Änderungsmöglichkeit konkret das jeweilige Sicherungsgeschäft nebst Mitverpflichtetem zu erwähnen.