Gesetzestext
(1) 1Die Gläubigerversammlung wird vom Schuldner oder von dem gemeinsamen Vertreter der Gläubiger einberufen. 2Sie ist einzuberufen, wenn Gläubiger, deren Schuldverschreibungen zusammen 5 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen erreichen, dies schriftlich mit der Begründung verlangen, sie wollten einen gemeinsamen Vertreter bestellen oder abberufen, sie wollten nach § 5 Absatz 5 Satz 2 über das Entfallen der Wirkung der Kündigung beschließen oder sie hätten ein sonstiges besonderes Interesse an der Einberufung. 3Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass die Gläubiger auch aus anderen Gründen die Einberufung verlangen können.
(2) 1Gläubiger, deren berechtigtem Verlangen nicht entsprochen worden ist, können bei Gericht beantragen, sie zu ermächtigen, die Gläubigerversammlung einzuberufen. 2Das Gericht kann zugleich den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen. 3Auf die Ermächtigung muss in der Bekanntmachung der Einberufung hingewiesen werden.
(3) 1Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Sitz hat oder mangels eines Sitzes im Inland das Amtsgericht Frankfurt am Main. 2Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die Beschwerde statthaft.
(4) Der Schuldner trägt die Kosten der Gläubigerversammlung und, wenn das Gericht dem Antrag nach Absatz 2 stattgegeben hat, auch die Kosten dieses Verfahrens.
1. Allgemeines
Rn 1
§§ 9 bis 16 enthalten ausführliche Regelungen über die Formalien der Durchführung der Gläubigerversammlung. Sie knüpfen zum Teil an bereits bekannte aktienrechtliche Vorschriften an. Das SchVG 1899 enthielt an verschiedenen Stellen ebenfalls Regelungen zur Gläubigerversammlung.
Rn 2
§ 9 befasst sich mit Fragen rund um die Einberufung der Gläubigerversammlung. Die Vorschrift ist aber – wie auch die folgenden Paragrafen – nur anwendbar, wenn die Anleihebedingungen nicht vorsehen, dass die Beschlussfassung der Gläubiger ausschließlich im Wege der Abstimmung ohne Gläubigerversammlung erfolgt (§ 5 Abs. 6 Satz 2 i. V. m. § 18).
2. Zuständigkeit für die Einberufung der Gläubigerversammlung
2.1 Grundsatz
Rn 3
Die Gläubigerversammlung kann nur vom Schuldner oder vom gemeinsamen Vertreter einberufen werden (§ 9 Abs. 1 Satz 1). Diese entscheiden, wenn es keine ausdrückliche Regelung gibt, darüber, wann die Versammlung einzuberufen ist, grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen.
2.2 Ausnahme
Rn 4
Ausnahmsweise sind der Schuldner oder der gemeinsame Vertreter jedoch auch dann aus Gründen des Minderheitenschutzes zur Einberufung der Gläubigerversammlung verpflichtet, wenn das erstens Gläubiger verlangen, die mindestens 5 % der ausstehenden Schuldverschreibungen halten, und wenn sie zweitens schriftlich einen besonderen Grund vortragen, der in der Bestellung oder Abberufung eines gemeinsamen Vertreters, in der beabsichtigten Herbeiführung eines Beschlusses i. S. v. § 5 Abs. 5 Satz 2 (Entfallen der Wirkung einer oder mehrerer Kündigungen) oder in einem sonstigen besonderen Interesse an der Einberufung der Versammlung liegen kann (§ 9 Abs. 1 Satz 2). In den Anleihebedingungen kann darüber hinaus vorgesehen werden, dass die Gläubiger auch aus sonstigen Gründen die Einberufung der Versammlung verlangen können (§ 9 Abs. 1 Satz 3). Die Insolvenz des Schuldners steht der Einberufung einer weiteren Versammlung durch den Minderheitsgläubiger nicht zwingend entgegen.
Rn 5
Die Einberufung muss immer schriftlich verlangt werden. In den Anleihebedingungen kann insoweit wegen des zwingenden Charakters von § 9 – so die Norm denn zur Anwendung kommt – keine Erleichterung vorgesehen werden. Das Vorliegen der Schriftform ist nach § 126 BGB zu bestimmen, weshalb auch die elektronische Form genügt (§ 126 Abs. 3 BGB).
Rn 6
Den Antrag der Gläubiger müssen mindestens so viele Anleihegläubiger unterzeichnen, dass das Mindestquorum des § 9 Abs. 1 Satz 2 erreicht wird. Ist das zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Verlangens der Einberufung der Gläubigerversammlung noch nicht der Fall, wird jedoch während des gerichtlichen Verfahrens der notwendige Anteil von 5 % der ausstehenden Schuldverschreibungen erreicht, genügt das für einen Minderheitenantrag jedenfalls dann, wenn der Schuldner ausdrücklich erklärt, grundsätzlich nicht bereit zu sein, dem Einberufungsverlangen Folge zu leisten. Ohne eine derartige Erklärung genügt ein Erreichen des Quorums erst nach Zugang des Einberufungsverlangens regelmäßig nicht zur Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens. Es bedarf stattdessen eines erneuten außergerichtlichen Einberufungsverlangens.
In dem Antrag muss das besondere Interesse an der Einberufung der Gläubigerversammlung dargetan werden, wobei das jedenfalls durch Mitteilung einer förmlichen Tagesordnung geschehen kann. Es genügt aber a...