2.1.1 Stilllegung
Rn 18
Unter Stilllegung des Betriebs ist die Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation aufgrund eines ernstlichen und endgültigen Willensentschlusses des Unternehmers für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit zu verstehen.
Die Weiterbeschäftigung einiger Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten steht der Annahme einer Stilllegung nicht entgegen.
Erforderlich ist jedoch, dass eine Wiederaufnahme des Betriebs für eine wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht beabsichtigt ist.
Betriebsunterbrechungen, die auf Naturkatastrophen oder andere äußere Einflüsse zurückzuführen sind, reichen demgegenüber nicht aus, eine Betriebsstilllegung zu begründen. Ebenso wenig liegt eine mitbestimmungspflichtige Betriebsstilllegung vor, wenn ein Betrieb geschlossen wird, der von vornherein für einen zeitlich begrenzten Betriebszweck errichtet wurde und nunmehr wegen Zweckerreichung schließt.
Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist hingegen keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG, sondern geht einer eventuellen Betriebseinschränkung oder Betriebsstilllegung voraus.
2.1.2 Einschränkungen
Rn 19
Unter einer Betriebseinschränkung ist eine erhebliche, ungewöhnliche und nicht nur vorübergehende Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs zu verstehen, gleichgültig, ob die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit durch die Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen oder Personalreduzierung erfolgt. Betriebseinschränkungen, die auf betriebstypischen, auch saisonal bedingten Schwankungen basieren, stellen ebenso wenig keine mitbestimmungspflichtigen Betriebseinschränkungen dar wie eine Personalreduzierung durch Ausnutzen der normalen Personalfluktuation. Gleiches gilt für auftragsabhängige, zeitlich limitierte Produktionseinschränkungen, die den Abbau von Überstunden oder die Einführung von Kurzarbeit zur Folge haben.
Rn 20
Mit der Einfügung des § 112a BetrVG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BAG bestätigt, nach der auch ein bloßer Personalabbau unter Beibehaltung der sächlichen Betriebsmittel eine Betriebseinschränkung und damit eine Betriebsänderung sein kann. Eine Betriebsänderung liegt jedoch nur dann vor, wenn der Personalabbau eine relevante Zahl von Arbeitnehmern erfasst. Maßgebend ist auch hier die Relevanzschwelle des § 17 Abs. 1 KSchG (vgl. oben Rn. 17) mit der Maßgabe, dass mindestens fünf Prozent der Belegschaft von der Maßnahme betroffen sein müssen.
Bei der Ermittlung der Schwellenwerte werden alle (auch teilzeitbeschäftigten) Arbeitnehmer mitgerechnet, die aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden, über arbeitgeberseits veranlasste Aufhebungsverträge ausscheiden, auf Veranlassung des Arbeitgebers ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen oder die dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber widersprochen haben.
Rn 21
Der rechtsgeschäftliche Übergang eines Betriebs auf einen anderen Inhaber stellt als solches keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG dar, da die Folgen eines solchen Betriebsinhaberwechsels für die Arbeitsverhältnisse der Betriebsangehörigen in § 613a BGB besonders geregelt sind. Erschöpft sich der Betriebsübergang jedoch nicht in dem bloßen Betriebsinhaberwechsel, sondern ist er mit Maßnahmen verbunden, die als solche einen der Tatbestände des § 111 BetrVG erfüllen, sind die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 111, 112 BetrVG zu beachten.
2.1.3 Wesentliche Betriebsteile
Rn 22
Auch ein wesentlicher Betriebsteil kann stillgelegt oder eingeschränkt werden. Unter Betriebsteil ist eine betriebswirtschaftlich oder technologisch abgrenzbare Organisation innerhalb der Betriebsorganisation zu verstehen, die für den Betrieb "wesentlich" sein muss. Wesentlich ist ein Betriebsteil dann, wenn ihm innerhalb der betrieblichen Gesamtorganisation erhebliche Bedeutung zukommt oder wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Letzteres ist der Fall, wenn die Relevanzschwelle des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht ist und in dem Betriebsteil mindestens fünf Prozent der Gesamtbelegschaft tätig sind.