Rn 32
Die rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Betriebsrates ist nicht nur unerlässliche Voraussetzung für eine zügige Umsetzung der geplanten Betriebsänderung, sondern hat auch zentrale Bedeutung für die Verfahren nach §§ 122, 126. Rechtzeitig ist die Unterrichtung dann, wenn der soziale Schutzzweck des § 111 Satz 1 BetrVG noch verwirklicht werden kann. Dies setzt voraus, dass dem Betriebsrat vor Verwirklichung der unternehmerischen Pläne noch so viel Zeit verbleibt, dass er ihre Folgen durchdenken und mit dem Unternehmer beraten kann und ferner noch Änderungen des Willensentschlusses des Unternehmers hinsichtlich des "Ob" und des "Wie" aufgrund der Beratungen nicht ausgeschlossen werden können.
Rn 33
Die zeitliche Grenze, ab der der Betriebsrat unterrichtet werden muss, ist in der Praxis häufig schwer zu bestimmen und von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Am ehesten ist noch die Formel brauchbar, dass interne Vorüberlegungen für ein Entstehen der Beteiligungsrechte des Betriebsrates noch nicht ausreichend sind, vielmehr der Unternehmer den prinzipiellen Entschluss zur Vornahme einer Betriebsänderung bereits gefasst haben muss.
Rn 34
Das Wort "geplant" in § 111 Satz 1 BetrVG hat für die Einschaltung des Betriebsrates keine inhaltliche, sondern eine rein zeitliche Bedeutung.
Um eine "geplante" Betriebsänderung handelt es sich auch dann, wenn sie auf wirtschaftliche Zwänge oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zurückzuführen ist. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates entfallen daher nicht, wenn die Betriebsänderung Folge eines Insolvenzverfahrens ist und nicht auf einem Willensentschluss des Insolvenzverwalters beruht, sondern auf einem Beschluss der Gläubigerversammlung. Da die Beschlüsse der Gläubigerorgane der Umsetzung durch den Insolvenzverwalter bedürfen, finden auch in diesem Fall die Mitwirkungsrechte der §§ 111 ff. BetrVG Anwendung.
Rn 35
Die Unterrichtung des Betriebsrates muss umfassend sein. Hierfür ist es ausreichend und erforderlich, dass der Unternehmer offen legt,
- welche Maßnahmen geplant sind,
- aus welchen Gründen die Maßnahmen erforderlich sind,
- in welcher Weise sich die geplanten Maßnahmen auf Unternehmen und Belegschaft auswirken und
- innerhalb welchen Zeitrahmens die Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Der Betriebsrat hat jedoch nur einen Anspruch auf Unterrichtung auf die Fakten, die der Unternehmer selbst mit seiner Planung zugrunde gelegt hat. Er kann nicht solche Angaben verlangen, die für den Unternehmer bei seiner Entscheidung keine Rolle gespielt haben oder noch erstellt werden müssten.
Der Informationsanspruch des Betriebsrats bezieht sich nur auf die konkret geplante Betriebsänderung. Der Betriebsrat hat daher keinen allgemeinen Auskunfts- oder Ausforschungsanspruch in Bezug auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.
Wenngleich es sich regelmäßig empfiehlt, dem Betriebsrat auch die Unterlagen vorzulegen, die für den Unternehmer entscheidungserheblich waren, enthält § 111 BetrVG keine entsprechende Vorlageverpflichtung. Diese Verpflichtung bestimmt sich allein nach § 80 Abs. 2 BetrVG. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse schränken die Unterrichtungspflichten des Unternehmers nicht ein. Diese Pflichten bestehen auch dann, wenn der Unternehmer zuvor schon den Wirtschaftsausschuss unterrichtet hatte. Eine Form ist für die Unterrichtung nicht vorgeschrieben. Wegen der Erfordernisse der §§ 122, 126 empfiehlt es sich jedoch aus Beweiszwecken, Inhalt und zeitlichen Ablauf der Unterrichtung zu dokumentieren.