Rn 17
Nach ständiger Rechtsprechung des BAG können die Betriebsparteien nach billigem Ermessen und in den Grenzen von Recht und Billigkeit gemäß § 75 BetrVG den Inhalt eines Sozialplans selbst bestimmen. Sie können frei darüber entscheiden, welche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sie in welchem Umfang ausgleichen oder mildern wollen. Sie können dabei nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen.
Rn 18
Soweit den Arbeitnehmern darin Rechte eingeräumt werden, die das Entstehen von Nachteilen verhindern, wie z.B. Kündigungsverbote, Versetzungs- oder Umschulungspflichten des Arbeitgebers, handelt es sich um freiwillige Regelungen, die Teil eines Interessenausgleichs, nicht aber Teil eines erzwingbaren Sozialplans sein können. Inhalt des erzwingbaren Sozialplans können nur die wirtschaftlichen Nachteile sein, die einem Arbeitnehmer infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen.
4.1 Wirtschaftliche Nachteile
Rn 19
Ausgleichsfähig sind nur wirtschaftliche Nachteile, also solche, die sich vermögensrechtlich auswirken und in irgendeiner Form bezifferbar sind. Immaterielle Nachteile werden hingegen von dem erzwingbaren Sozialplan nicht erfasst.
Rn 20
Wirtschaftliche Nachteile sind nicht nur Entlassungen, sondern entsprechend § 113 Abs. 2 BetrVG auch andere wirtschaftliche Nachteile. Wesentliche Nachteile sind nicht erforderlich, jedoch bedarf es eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Betriebsänderung und den ausgleichspflichtigen Nachteilen. Bei der Ausgliederung eines Betriebs und der Übertragung auf ein neu gegründetes Unternehmen ist dessen Befreiung von der Sozialplanpflicht nach § 112a Abs. 2 daher kein wirtschaftlicher Nachteil im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, der durch die Betriebsänderung verursacht wurde.
4.2 Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes
Rn 21
Kommt es infolge der Betriebsänderung zum Verlust von Arbeitsplätzen, sehen Sozialpläne zum Ausgleich oder zur Milderung der daraus entstehenden wirtschaftlichen Nachteile üblicherweise die Zahlung von Abfindungen vor. Soweit der Sozialplan entsprechend der gesetzgeberischen Intention vor der Betriebsänderung abgeschlossen wird, können im Rahmen einer Prognose die Nachteile der Arbeitnehmer abgegolten werden, mit denen im Zeitpunkt der Betriebsänderung typischerweise zu rechnen ist. Dies führt in der Praxis zu pauschalierten Abfindungsleistungen, die im Wesentlichen aus den Parametern Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gebildet werden.
Eine gängige Formel für die Berechnung von Abfindungen lautet:
lter × Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsgehal |
iviso |
Je kleiner dieser Divisor ist, desto höher ist die einzelne Abfindung und das Volumen des Sozialplans. Häufig werden bei dieser Formel Zuschläge für Schwerbehinderte, Kinder und unterhaltsberechtigte Familienangehörige vereinbart.
Rn 22
Daneben hat sich in der Praxis die Punktwertmethode etabliert, die sich immer dann anbietet, wenn ein fest zur Verfügung stehendes Sozialplanvolumen verteilt werden soll. Danach wird ein Punkteschema erstellt, in dem im Einzelnen die Anzahl der Punkte festgelegt wird, die die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer für ihr Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen, Schwerbehinderung und andere besondere soziale Umstände erhalten sollen. Das Sozialplanvolumen wird sodann durch die Anzahl der von den Betroffenen erreichten Gesamtpunktzahl dividiert. Der sich daraus errechnende Punktewert wird mit den von den einzelnen Arbeitnehmern erreichten Punkten multipliziert und ergibt den individuellen Sozialplananspruch.
Rn 23
Das Gesetz sieht weder für das Gesamtvolumen des Sozialplans noch für die Leistungen an die einzelnen Arbeitnehmer Höchstbeträge vor. Es ist aber zulässig, in einem Sozialplan die Leistungen an die einzelnen Arbeitnehmer auf einen Höchstbetrag zu begrenzen. Hier bietet sich der "Deckel" des § 10 KSchG an.
Rn 24
An Stelle der Zahlung von Abfindungen können auch Maßnahmen vereinbart werden, die von der Bundesanstalt für Arbeit nach den §§ 254 ff. SGB III gefördert werden. Das Arbeitsamt kann sich an der Finanzierung derartiger Transfersozialpläne, die die Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt erleichtern sollen, durch pauschale Zuschüsse beteiligen. Als Maßnahmen kommen etwa Umschulungen, Einarbeitung am neuen Arbeitsplatz, Mobilitätshilfen etc...