Leitsatz

Beschluss über Gestattung einer baulichen Veränderung in einer "Verwaltungseinheit" allein durch diese Untergemeinschaft nichtig

 

Normenkette

§ 15 WEG, § 21 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 WEG

 

Kommentar

1. In einer Mehrhausanlage waren kraft Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung hinsichtlich der Kostenverteilung von Bewirtschaftungskosten, Nutzungs- und Verwaltungsfragen sowie der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums fünf "Verwaltungseinheiten" gebildet worden, auch mit entsprechender Gruppen-Stimmberechtigung. Allerdings war dort weiter geregelt, "dass Eigentümer im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Teile des Gebäudes nicht eigenmächtig verändern dürften; sollte u.a. durch eine beabsichtigte Änderung anderen Eigentümern ein gewichtiger Nachteil erwachsen, bedürfe es eines Beschlusses der jeweils zuständigen Eigentümerversammlung; würde der Gesamteindruck der Baulichkeiten auf dem Grundstück durch geplante Änderungen nachteilig beeinflusst werden, sei ein Beschluss aller Eigentümer mit 2/3-Mehrheit geboten".

2. Allein die Eigentümer einer wirtschaftlichen Untergemeinschaft gestatteten einem Miteigentümer eine bauliche Veränderungsmaßnahme des Gemeinschaftseigentums (hier: Fensterveränderung, Laubengangverglasung, Verkleidungsmaßnahmen).

Der Miteigentümer einer Nachbar-Untergemeinschaft forderte Rückbau der anschließend ausgeführten Baumaßnahmen. Während das AG und das LG den Beseitigungs- und Wiederherstellungsanspruch ablehnten, hob der Senat die landgerichtliche Entscheidung auf und verwies die Sache wegen weiterer Aufklärungsbedürftigkeit an das LG zurück.

3. Eine solche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum in einer Verwaltungseinheit zählt nicht zum Kreis derjenigen Angelegenheiten, über die nach hier getroffenen Vereinbarungsregelungen eine einzelne Verwaltungseinheit mit Bindungswirkung für alle übrigen Eigentümer abstimmen könne. Mangels Anfechtung des Beschlusses ist entgegen der Ansicht des LG keine Bindungswirkung der Genehmigungsbeschlussfassung für alle Eigentümer eingetreten; der Beschluss ist vielmehr im vorliegenden Fall nichtig. Eine Bindungswirkung konnte der Beschluss (im Sinne eines unangefochten gebliebenen sog. Zitterbeschlusses) für Wohnungseigentümer anderer Verwaltungseinheiten nicht erlangen; insoweit fehlte nämlich den Eigentümern der betreffenden Verwaltungseinheit eine entsprechende Regelungsbefugnis; ohne Ermächtigungsgrundlage durfte die eine Eigentümergruppe nicht in die Rechte Dritter eingreifen. Das vorliegend vereinbarte Blockstimmrecht in Abweichung zur gesetzlichen Regelung kann auch nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen anerkannt werden, wenn nämlich auszuschließen ist, dass die übrigen Eigentümer von einer solchen Angelegenheit betroffen werden könnten. Ein abweichendes Ergebnis wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Wohnungseigentümer der betreffenden Einheit die Befugnis gehabt hätten, in Vertretung der übrigen Eigentümer mit Wirkung auch für diese abstimmen zu können; dafür bot die Teilungserklärung indes keinen Anhalt. Es bestand vielmehr kein Anlass für eine solche Ermächtigung, weil von vornherein die Beschlussfassung auf Angelegenheiten begrenzt war, welche nur eine Verwaltungseinheit betrafen und die übrigen Eigentümer nicht berührten.

4. Nach Zurückverweisung muss deshalb das LG zum einen hier noch der bisher ungeklärten Frage des Vorliegens einer unbeschränkten Baugenehmigung nachgehen (Brandschutzgründe?), zum anderen wird es wesentlich auch auf eine etwaige optische Beeinträchtigung der Gesamtanlage durch die vorgenommene Verglasung ankommen. Müssen also die Grundsätze des § 22 Abs. 1 WEG zugrunde gelegt werden, so ist eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks allerdings nur dann als erhebliche Beeinträchtigung zu werten, wenn sie nachteilig wirkt (Senat, NZM 99, 422 = NJW-RR 99, 666; OLG Zweibrücken, NZM 2000, 294, LS). Im vorliegenden Fall ist kraft Vereinbarung bei einer nachteiligen Änderung des Gesamteindrucks der Baulichkeiten - auch soweit sie über ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen - ein Beschluss aller Eigentümer mit 2/3-Mehrheit geboten (aber auch ausreichend), wie der Senat bereits entschieden hat. Das LG wird also hier der Frage einer "nachteiligen" Änderung des optischen Gesamteindrucks nachgehen müssen (durch gebotene Inaugenscheinnahme der Gesamtanlage, da die vorliegenden Fotos lediglich den unmittelbar betroffenen Wohnblock zeigen).

 

Link zur Entscheidung

( Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 08.03.2000, 2 W 57/99, NZM 8/2000, 385)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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