Bosnien und Herzegowina / 2. Adoption

a) Adoptionsformen und Voraussetzungen

Rz. 107

Das FamG FBiH regelt zwei verschiedene Arten der Adoption, nämlich die sog. Volladoption und die sog. unvollständige Adoption. Unterschiede zwischen diesen beiden Adoptionsformen bestehen sowohl hinsichtlich der Bedingungen einer Adoption als auch bezüglich der Rechtsfolgen, die sie hervorrufen. Darüber hinaus besteht zwischen beiden Adoptionsformen aber auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Eine Adoption von Volljährigen ist dagegen nicht möglich.

Rz. 108

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer Adoption sei lediglich beispielhaft genannt, dass die Adoption immer im Interesse des Adoptierten liegen muss. Die Adoption insbesondere zwischen Blutsverwandten in gerader Linie und Brüdern und Schwestern ist ausgeschlossen (Art. 93). Die Adoption kann erst drei Monate nach Geburt des Kindes und grundsätzlich (Ausnahmen sind möglich) nur bei Kindern von volljährigen Eltern erfolgen. Auch ist eine Adoption grundsätzlich nur mit Zustimmung der leiblichen Eltern möglich (Art. 99). Beiden Adoptionsformen ist auch gemein, dass Annehmender grundsätzlich nur eine Person im Alter zwischen 25 und 45 Jahren sein kann, die mindestens 18 Jahre älter als der Adoptierte ist (Art. 96). Ausländer können nur dann adoptieren, wenn dies dem wohlverstandenen Interesse des Kindes dient, eine Adoption des Kindes durch einen bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen nicht möglich ist und die vorherige Zustimmung des Föderationsministeriums für den Sozialschutz vorliegt (Art. 95). In beiden Fällen erfolgt die Adoption durch Beschluss des Vormundschaftsorgans (Art. 110). Das adoptierte Kind hat Anspruch darauf, spätestens bis zu seinem 7. Lebensjahr von seinen Eltern über die Tatsache, dass es adoptiert wurde, informiert zu werden (Art. 92).^[52]

[52] Zu den Voraussetzungen einer Adoption vgl. auch Bubić, Opšti trendovi u zaštiti najboljeg interesa djeteta – usvojenika, u: Zbornik radova "Prava djeteta i ravnopravnost polova – između normativnog i stvarnog, Univerzitet u Istočnom Sarajevu Pravni fakultet, 2012, S. 72–101."

b) Volladoption

Rz. 109

Eine Volladoption ist nur bei Kindern, die jünger als 10 Jahre sind, möglich (Art. 110). Bisher lag dieses Alter bei 5 Jahren. Die Anhebung dient dazu, die Möglichkeiten zur Volladoption zu erhöhen. Annehmende können, wie früher, Ehegatten und seit Inkrafttreten des neuen FamG FBiH auch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die mindestens 5 Jahre besteht, sein. Die Volladoption durch eine einzelne Person ist nur dann möglich, wenn es sich dabei um Stiefmutter oder Stiefvater handelt (Art. 102). Durch die Volladoption wird der Angenommene rechtlich voll in die Adoptivfamilie eingegliedert, die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse erlöschen, es sei denn, es handelt sich um die Adoption durch Stiefmutter oder -vater (Art. 113–116).

c) Unvollständige Adoption

Rz. 110

Bei der unvollständigen Adoption (Teiladoption) darf der Adoptierte nicht älter als 18 Jahre sein. Ist er älter als 10 Jahre, ist seine Zustimmung erforderlich (Art. 103). Annehmende können Ehegatten gemeinschaftlich, einzelne Ehegatten mit Zustimmung des anderen, Stiefmutter oder -vater sowie, wenn hierfür besondere rechtfertigende Gründe bestehen, unverheiratete Einzelpersonen und Partner einer seit mindestens 5 Jahren bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft sein (Art. 104). Anders als die Volladoption, die unauflöslich ist, kann eine unvollständige Adoption unter bestimmten Voraussetzungen vom Vormundschaftsorgan wieder aufgehoben werden (Art. 120 und 121). Durch die unvollständige Adoption entsteht ein Verwandtschaftsverhältnis nur mit einem Personenkreis, der enger gefasst ist als bei der Volladoption, da zwischen dem Angenommenen und seinen Abkömmlingen nur ein Verwandtschaftsverhältnis zum Annehmenden, aber nicht zu dessen Verwandten begründet wird (Art. 117). Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Angenommenen und seinen leiblichen Eltern sowie den übrigen Verwandten wird durch die unvollständige Adoption nicht aufgehoben, die daraus resultierenden Rechte und Pflichten bestehen weiter fort (Art. 117 Abs. 2).