Rechtsbeschwerde zugelassen: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Warenzeichenanmeldung C 36 353/5 Wz
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Mehrwortzeichen lassen sich keine allgemeingültigen Regeln darüber aufstellen, unter welchen Voraussetzungen ein Wort für sich allein die Gefahr von Verwechslungen mit einem anderen Zeichen begründen kann; vielmehr sind stets alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (im Anschluß an BPatGE 26, 172 „Asid Bonz”/„BONZO”).
2. Im Arzneimittelbereich ist die Neigung, Mehrwortzeichen zu verkürzen, allgemein verhältnismäßig gering (im Anschluß an BPatG Mitt 1987, 116 „BENICIL-IBSA”/„MEXITIL”).
3. Das Weglassen eines Zeichenteils kommt hier allerdings besonders dann in Betracht, wenn er lediglich aus einem Firmenschlagwort besteht (im Anschluß an die Senatsentscheidung vom 11. Februar 1982 „Bionerv Deka Pharma”/„Bionorm”, 25 W (pat) 147/80, sowie BPatG Mitt 1984, 216 „JAKOBS FIESTA COLOMBIA”/„SIESTA”). Ist der die Verwechslungsgefahr begründende Bestandteil des älteren Zeichens aber schutzunfähig, scheidet eine Bejahung der zeichenrechtlichen Übereinstimmung aus Rechtsgründen aus (vgl. BGH GRUR 1965, 183 „derma”). Ist er zwar trotz der Anlehnung an eine freihaltebedürftige Angabe (gerade noch) schutzfähig, ist sein Schutzbereich eng zu bemessen; dem Firmenschlagwort kommt dann eine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (im Anschluß an BGH GRUR 1989, 264 „REYNOLDS R 1”; 1989, 349 „ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY”).
4. „paracet von ct” als Kennzeichnung für „pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich den Wirkstoff Paracetamol enthaltende Analgetika/Antipyretika für die Humanmedizin” nicht verwechselbar mit dem für „Humanarzneimittel, nämlich Schmerzmittel auf Paracetamolbasis in Tablettenform” geschützten Zeichen „PARA-CET Woelm”.
Normenkette
WZG § 31
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Prüfungsstelle für Klasse 5 Wz des Deutschen Patentamts vom 7. Juni 1988 und 29. Dezember 1988 aufgehoben, soweit dem angemeldeten Zeichen wegen des Widerspruchs aus dem Zeichen Nr. 1 066 906 die Eintragung versagt worden ist.
Die Übereinstimmung der Zeichen wird verneint.
II. Kosten werden nicht auferlegt.
Tatbestand
I.
Das angemeldete Zeichen „paracet von ct” soll nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses vor Beschlußfassung des Erstprüfers noch für „pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich den Wirkstoff Paracetamol enthaltende Analgetika/Antipyretika für die Humanmedizin” geschützt werden. Die Bekanntmachung ist am 31. August 1987 erfolgt. Widerspruch erhoben hat die Inhaberin des seit dem 13. August 1984 für „Humanarzneimittel, nämlich Schmerzmittel auf Paracetamolbasis in Tablettenform” eingetragenen Zeichens 1 066 906 „PARA-CET Woelm”.
Die Prüfungsstelle für Klasse 5 Wz des Deutschen Patentamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die zeichenrechtliche Übereinstimmung des angemeldeten Zeichens mit dem Widerspruchszeichen festgestellt und dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt. Zwar seien die sich gegenüberstehenden Zeichen, so haben Erst- und Erinnerungsprüfer(in) übereinstimmend ausgeführt, nach ihrem Gesamteindruck nicht zu verwechseln. Da es sich jedoch jeweils um Mehrwortzeichen handle, müsse davon ausgegangen werden, daß in beträchtlichem Maße beide Zeichen allein mit ihrem Bestandteil „paracet” (bzw „PARA-CET”) wiedergegeben werden, weil zum einen die Zeichenbestandteile „von ct” und „Woelm” das vom Verkehr häufig vernachlässigte Firmenschlagwort der Beteiligten darstellten und zum andern der Zeichenbestandteil „paracet” Parteien zwar von der Wirkstoffbezeichnung „Paracetamol” abgeleitet, von ihr jedoch so weit entfernt sei, daß er als phantasievolle Abwandlung in beiden Zeichen selbständig kennzeichnend hervortrete. Dann aber seien Verwechslungen unvermeidlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Übereinstimmung des angemeldeten Zeichens mit dem Widerspruchszeichen zu verneinen. Entsprechend den Grundsätzen der „Felina-Britta”-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, so macht sie geltend, müsse im vorliegenden Fall das Firmenschlagwort „Woelm” als das den Gesamteindruck des Widerspruchszeichens bestimmende Wort angesehen werden. Im Falle des angemeldeten Zeichens dürfe der Zeichenbestandteil „von ct” nicht übergangen werden, da er dem Verkehr den entscheidenden Herkunftshinweis gebe, so daß Verwechslungen auszuschließen seien.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verweist auf die Ausführungen der Prüfungsstelle und vertritt die Meinung, daß die angesprochenen Verkehrskreise beide Zeichen unter Vernachlässigung der Firmenschlagworte allein auf den Zeichenbestandteil „paracet” bzw „PARA-CET” verkürzen würden, so daß angesichts der bestehenden Warenidentität Verwechslungen erheblichen Ausmaßes zu befürchten seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse und die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entsche...