Entscheidungsstichwort (Thema)
Warenzeichenanmeldung D 44 946/3 Wz
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Prüfungsstelle für Klasse 3 Wz des Deutschen Patentamts vom 9. Mai 1989 und vom 28. Juli 1989 aufgehoben.
Es wird festgestellt, daß WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1 einer Eintragung des angemeldeten Zeichens in die Zeichenrolle nicht entgegensteht.
Tatbestand
I.
Angemeldet zur Eintragung in die Rolle ist das nachstehend wiedergegebene Kombinationszeichen
für die Waren:
„Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Zahnputzmittel”.
Die Prüfungsstelle für Klasse 3 Wz des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung zurückgewiesen und der hiergegen gerichteten Erinnerung den Erfolg versagt. Die Eintragung des angemeldeten Zeichens scheitert ihrer Ansicht nach an dem Eintragungsverbot des Freihaltebedürfnisses. „FLEUR” habe die Bedeutung von Blume und sei ein Hinweis auf einen kosmetischen Inhaltsstoff. Es könne auch die beschreibende wörtliche Benennung eines auf diesem Warengebiet häufigen Ausstattungselementes sein; „charme” sei auf dem Gesamtgebiet der Kosmetik ein beschreibend verwendetes Wort. Ein schutzfähiger Gesamtbegriff werde nicht geschaffen.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie wendet sich nicht gegen die Feststellungen der Prüfungsstelle, die Zeichenbestandteile „FLEUR” und „charme” seien für sich genommen nicht schutzfähig. Nach ihrer Auffassung sei jedoch das angemeldete Zeichen als Einheit aufzufassen. Der so gebildete Gesamtbegriff stelle in Bezug auf die angemeldeten Waren eine Fantasiebezeichnung dar.
Sie beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und festzustellen, daß WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1 einer Eintragung des Zeichens nicht entgegensteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist begründet. Zumindest mit Blick auf die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung ist es nicht gerechtfertigt, die Anmeldung des vorliegenden Zeichens zurückzuweisen. Die Eintragungshindernisse des WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1 sind nicht gegeben.
A.1) Mit der Prüfungsstelle ist davon auszugehen, daß die zwei Wortbestandteile „FLEUR” und „charme” des angemeldeten Zeichens getrennt für sich auf dem Warengebiet der Kosmetik freizuhaltende beschreibende Angaben sind. Blumen und Blüten spielen im gesamten Bereich der Kosmetik eine erhebliche Rolle. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, daß Blumen als Ausstattungselement auf diesem Warengebiet nicht selten verwendet werden. Daneben werden Blumen und Blüten, wie Jasmin, Rosen, Orangenblüte, Nelkenblüte, Hyazinthe, Veilchen, Lavendel, Maiglöckchen etc durch Extraktion mit leichtflüchtigen Lösungsmitteln zur Herstellung von Blumenölen verwendet, um sie als aromatische Bestandteile bei der Produktion vielfältiger kosmetischer Artikel einzusetzen (Janistyn, Handbuch der Kosmetika und Riechstoffe, II. Bd, S 7). Eine der häufigsten Geruchsqualifikationen ist die blumige Duftnote und die blumige Nuance. Zudem könnte aufgrund der ökologischen Diskussion ein Trend zur vermehrten Verwendung von natürlichen Produkten in Kosmetik und Medizin bestehen („aktive Pflanzen-Kosmetik, die Zukunft!” in Zeitschrift für die Körperpflegemittel-, Parfümerie-, Riechstoff- und Aerosol-Industrie, 1991, 625). Das Freihaltebedürfnis erstreckt sich auch auf das französische Wort „FLEUR” in der deutschen Bedeutung von Blume und Blüte, da die französische Sprache in der beschreibenden Werbung auf dem Gebiete der Parfümerie und der in der Kosmetik verwendeten Duftstoffe auch in Deutschland häufig gebraucht wird.
Auch das Wort „charme” in der deutschen und französischen Sprache – und der englischen Entsprechung „charm” – mit der Bedeutung von Liebenswürdigkeit, bezauberndes Wesen, Liebreiz und Anmut, hat auf dem Gebiet der angemeldeten Waren beschreibende Bedeutung. Viele kosmetische Produkte haben ihren Hauptzweck in der psychologischen Wirkung für den Benützer. Sie steigern sein Lebensgefühl; geben ihm das Empfinden, frisch und gepflegt zu sein oder – wie die etwas übertreibende deskriptive Werbesprache lautet – faszinierend und bezaubernd zu wirken. Parfums und insbesondere auch dekorative kosmetische Mittel sind darauf angelegt, in der persönlichen Begegnung symphatisch, anziehend, gepflegt, einnehmend oder charmant für den Mitmenschen zu erscheinen. Diese persönlichen Eigenschaften werden dann aber auch auf die Eigenschaft der Ware übertragen, so auch schon der Senat in der unveröffentlichten Entscheidung vom 14. Dezember 1970 zu spellbound (engl) = fasziniert, bezaubert – 24 W (pat) 855/66. Daher ist auch das Wort „charme” nach heutiger Rechtsauffassung für die Allgemeinheit auf dem vorliegenden Warengebiet zum jederzeitigen ungestörten Gebrauch freizuhalten.
Der Prüfungsstelle ist auch insoweit zuzustimmen, daß im gegebenen Fall allein die Verwendung unterschiedlicher Schrifttypen für die Wört...