Entscheidungsstichwort (Thema)
Warenzeichenanmeldung D 44 202/33 Wz
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Prüfungsstelle für Klasse 33 Wz vom 18. Mai 1988 und 16. März 1989 aufgehoben.
Tatbestand
I
Das für die Waren
„Spirituosen, Spirituosen-Mischgetränke, Mineralwasser, alkoholfreie Getränke, Weine, weinhaltige Getränke, Schaumweine, Liköre”
angemeldete Wortzeichen
„Linje”
hat die Prüfungsstelle für Klasse 33 Wz des Deutschen Patentamts zurückgewiesen, weil es mit dem deutschen Wort „Linie” klanglich und schriftbildlich gleichgesetzt werde. „Linje” sei daher wie „Linie” als wörtliche Benennung eines Ausstattungselements nicht unterscheidungskräftig. Schmückende Linien fänden sich auf vielen Etiketten für Spirituosen und anderen Getränken. Die wörtliche Benennung einfacher geometrischer Figuren und linearer Formen sei nicht eintragungsfähig. Dabei sei nicht nur der wortbildliche Eindruck, sondern auch der klangliche maßgeblich. Darüber hinaus verstehe man unter „Linie” auch die Produktlinie eines Unternehmens im Sinn von „Sortiment” oder „Produktpalette”. Die Anmelderin könne sich auch nicht auf das Zeichen 1 093 588 „Linje Pils” berufen. Jedes Zeichen müsse unabhängig von anderen Eintragungen auf seine Schutzfähigkeit hin geprüft werden.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde und beantragt,
die Beschlüsse vom 18. Mai 1988 und 16. März 1989 aufzuheben.
Sie ist der Meinung, das Wort „Linje” sei sprachregelwidrig gebildet. Die Unterscheidungskraft eines Zeichens werde in erster Linie durch sein Schriftbild bestimmt. Der markante Abstrich des „j” mache den eigenständigen Charakter jedermann deutlich. „Linje” sei keine Abwandlung von „Linie”. Letztere werde als dreisilbiges Wort gesprochen, während das Zeichenwort „Lin-je” zweisilbig sei. Es bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis an „Linje”, was sich darin zeige, daß niemand dieses Wort warenbeschreibend verwende. Die Anmelderin könnte aus „Linje” keine Rechte gegen Linien als Ausstattungselemente oder Produktlinienbezeichnungen herleiten. Im Zusammenhang mit Zeichnungen spreche man ohnehin nicht von „Linien”, sondern von „Strichen”. Die Annahme eines Hinweises auf eine Produktpalette sei entlegen. Gerade bei Getränken sei schon das alleinstehende Wort „Linie” nicht ohne weiteres als beschreibende Angabe zu erkennen. Schutzunfähige Abwandlungen seien nur von glatt beschreibenden oder als diesen wesensgleiche Angaben denkbar.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Eintragung steht WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1 nicht entgegen.
Bei der nach Ansicht des Senats im Vordergrund stehenden Frage des Freihaltungsbedürfnisses (iSv WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1 Halbs 2) ist zwar davon auszugehen, daß die wörtliche Benennung eines geläufigen und zur ungehinderten Verwendung benötigten Ausstattungselements von der Eintragung ausgeschlossen sein kann (vgl. BPatGE 14, 225, 230 „Grünring”); die Abwandlung der wörtlichen Benennung einer solch einfachen Form ist aber deshalb nicht unbedingt ebenfalls schutzunfähig.
Das angemeldete Zeichenwort „Linje” ist zwar dem Wort „Linie” ähnlich, es ist aber keine schutzunfähige Abwandlung davon. In diesem Zusammenhang spielt – im Gegensatz zu der weitergehenden Auffassung der älteren Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 1968, 694, 695 „Polyestra”) – die Frage der Verwechselbarkeit (hier von „Linie” und „Linje”) keine Rolle. Vielmehr sind nach nunmehr gefestigter Spruchpraxis (vgl. BGH GRUR 1984, 815, 817 „Indorektal”; 1985, 1053, 1054 „ROAL”) nur solche Zeichen vom Schutz ausgeschlossen, die als „ohne weiteres erkennbare Abwandlungen” freihaltungsbedürftiger Angaben zu bewerten sind.
Ob eine Abwandlung von dem schutzunfähigen Begriff ausreichenden Abstand einhält, hängt auch davon ab, in welchem Grad dieser Begriff selbst freihaltungsbedürftig ist. Ein geringes Freihaltungsbedürfnis am jeweiligen Grundbegriff erstreckt sich nicht auf (auch nur leicht) veränderte Wortformen (vgl. BPatG Mitt 1988, 55, 56 „adato”).
Außerdem könnte die wörtliche Wiedergabe einer bildlichen Darstellung hier allenfalls im übertragenen Sinn als bestimmte Packungsausstattung verstanden werden. Selbst bei dem deutschen Wort „Linie” handelt es sich für Getränke um keine glatt beschreibende Angabe. Je weiter eine beschreibende Angabe aber von einer deutlichen Sachaussage entfernt ist, desto geringer kann die Abwandlung sein, um noch eine Schutzfähigkeit zu begründen (vgl. BPatG 28 W (pat) 39/88 „FOMAT”, GRUR 1990, 489 Fußnote 53).
Den geringen Grad der Freihaltungsbedürftigkeit berührt nicht, daß „linje” das schwedische Wort für „Linie” ist (Wrede, Taschenwörterbuch der schwedischen und deutschen Sprache, 8. Aufl, S 257); denn dies ist deutschen Verkehrskreisen zu wenig bekannt (vgl. BGH GRUR 1988, 379 „RIGIDITE”). Daß für am Export oder Import interessierte deutsche Verkehrskreise ein Freihaltungsbedürfnis besteht, kann bei dem schwedischen Ausdruck „linje” ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, da sich dieses W...