Entscheidungsstichwort (Thema)
Veranlassung zur Klageerhebung i.S.v. § 93 ZPO. Kostenentscheidung nach sofortigem Anerkenntnis im Unterhaltsabänderungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. In aller Regel gibt der Beklagte nur dann Veranlassung zur Klage, soweit ihn der Kläger vor Erhebung der Klage zur Erfüllung des Anspruchs auffordert und der Beklagte hierauf nicht reagiert.
2. Dies gilt auch im Falle des § 323 ZPO vor Erhebung einer Abänderungsklage auf Herabsetzung des zu leistenden Unterhalts. Auch in diesen Fällen besteht ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten, nicht mit einem unnötigen Prozess überzogen zu werden. Auch im Falle des § 323 ZPO ist daher grundsätzlich die vorprozessuale Aufforderung an den Beklagten zum Verzicht auf die Rechte aus dem bestehenden Titel geboten.
3. Allein der Umstand, dass aus einem in materieller Hinsicht unrichtigen Titel die Zwangsvollstreckung betrieben wird, rechtfertigt aus Sicht eines Dritten nicht den Schluss darauf, dass sich der Berechtigte durch eine vorherige Aufforderung nicht zum Verzicht auf die Rechte aus dem Titel verleiten lassen wird.
Normenkette
ZPO §§ 93, 269 Abs. 3 S. 2, § 323 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 22 F 89/04) |
Tenor
1. Der Tenor zu Ziff. 2. des angefochtenen Urteils wird dahin gehend abgeändert, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 600 Euro.
Gründe
I. Der Kläger ist der Vater der am 27.1.1986 geborenen Beklagten, der er ausweislich des Teilanerkenntnis- und Schlussurteils des AG Bad Liebenwerda vom 6.12.2002 ... zur Zahlung von 100 % des jeweiligen Regelbetrages der 3. Altersstufe gem. § 2 der jeweils gültigen Regelbetrag-Verordnung abzgl. des anrechenbaren Kindergeldes verpflichtet ist. Wegen aufgelaufener Unterhaltsrückstände für die Zeit ab Dezember 2002 sowie hinsichtlich des laufenden Unterhaltes ab Januar 2004 hat die Beklagte die Zwangsvollsteckung betrieben. Im Zusammenhang damit ist dem Kläger unter dem 27.1.2004 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden.
Der Kläger, der zuvor langzeitig krankgeschrieben war, ist seit dem 1.2.2004 arbeitslos. Nachdem er zunächst persönlich Anfang März 2004 die Überprüfung seiner bestehenden Unterhaltsverpflichtungen beim AG Bad Liebenwerda beantragt hatte, hat er unter anwaltlicher Vertretung im April 2004 Klage auf Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels auf Null eingereicht.
Mit dem am 22.4.2004 eingereichten Schriftsatz hat die Beklagte Teilanerkenntnis des klageweise geltend gemachten Antrages erklärt. Nachdem der Kläger seine über das erklärte Teilanerkenntnis hinausgehende Klage zurückgenommen hat, hat das AG mit dem am 23.6.2004 verkündeten Anerkenntnis-/Kostenschlussurteil den bestehenden Unterhaltstitel für die Zeit ab 10.4.2004 auf Null abgeändert und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten allein auferlegt.
Gegen den Ausspruch zur Kostenentscheidung richtet sich die durch die Beklagte eingelegte sofortige Beschwerde, mit der sie die Auferlegung der Kosten zu Lasten des Klägers begehrt.
II. Die gem. § 99 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat Erfolg. Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 93 ZPO waren die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger insgesamt aufzuerlegen. Hinsichtlich der aus § 93 ZPO sich ergebenden Kostenfolge folgt dies daraus, weil die Beklagte zur Klage keine Veranlassung gegeben hat und ihr Anerkenntnis sofortig im Sinne der Norm ist.
1. Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage ggü. dem Kläger sich so darstellte, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 93 Rz. 3). In aller Regel gibt der Beklagte die Veranlassung zur Klage daher nur, soweit ihn der Kläger vor Erhebung der Klage zur Erfüllung des Anspruchs, das in einem Tun oder Unterlassen bestehen kann, auffordert (Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 93 Rz. 13 - Aufforderung) und wenn der Beklagte darauf nicht reagiert (OLG Frankfurt v. 4.8.2000 - 1 WF 136/00, FamRZ 2001, 502 f.).
Nur in Ausnahmefällen kann von der vorherigen Aufforderung des Beklagten abgesehen werden, insb. dann, wenn der geltend gemachte Anspruch durch die mit der Aufforderung verbundene zeitliche Verzögerung gefährdet würde. Bei Klagen gem. § 323 ZPO, die auf Herabsetzung eines zum Unterhalt verpflichtenden Urteils gerichtet sind, ist zu berücksichtigen, dass die Abänderung nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen kann, § 323 Abs. 3 ZPO. Der zum Unterhalt verpflichtete Kläger steht daher in diesen Fällen unter erheblichem Zeitdruck, da erst ab Rechtshängigkeit der Abänderungsklage Rechtsnachteile vermieden werden können. Gleichwohl ist auch in diesen Fällen das Interesse des Beklagten, nicht mit einem unnötigen Prozess überzogen zu werden, schützenswert. Auch im...