Tenor
Funktionell zuständig ist die - nach näherer Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans zur Entscheidung berufene - Baukammer des Landgerichts Potsdam.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf die Rückzahlung überhöhter Vergütungen wegen Manipulationen bei der Vergabe von Bauleistungen in Höhe von 35.324.282,58 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Die Klägerin betreibt ein Entsorgungsunternehmen für Abfälle. Zum Gegenstand des Geschäftsbetriebes gehört auch die Unterhaltung, Sicherung und Sanierung von Mülldeponien. Sie beauftragte ab 2012 die Beklagte zu 1.) mit der Errichtung von Oberflächenabdichtungssystemen für mehrere Deponien, in einem Fall auch mit der Erweiterung einer Deponie. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten sämtliche Verträge Bauleistungen zum Gegenstand, die auf Grundlage der VOB/B und VOB/C erbracht werden sollten. Die Klägerin wirft dem Beklagten zu 5.) vor, in Abstimmung mit anderen Beteiligten so in die Vergabeverfahren eingegriffen zu haben, dass es jeweils zu einer überteuerten Auftragsvergabe an die Beklagte zu 1.) gekommen sei und auch die anderen Beklagten als Subunternehmen davon profitiert hätten. Als Gegenleistung habe der Beklagte zu 5.) Schmiergeldzahlungen erhalten.
Die mit der Klage zunächst befasste 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam hat sich durch Beschluss vom 01. September 2021 für funktionell unzuständig erklärt und die Akte der zuständigen Baukammer des Landgerichts Potsdam vorgelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es handle sich um eine Streitigkeit aus Bauverträgen. In der Sache gehe es um die Errichtung von Oberflächenabdichtungssystemen und damit um Bauverträge gemäß § 650a Abs. 1 BGB.
Die 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - eine Baukammer - hat sich durch Beschluss vom 8. Oktober 2021 ebenfalls für funktionell unzuständig erklärt und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Diese Kammer geht davon aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen nicht um Bauverträge handelt, weil es an der dafür erforderlichen ortsfesten Verbindung mit dem Erdboden fehle. Im Übrigen mache die Klägerin vorrangig deliktische Ansprüche geltend und nicht solche aus den streitgegenständlichen Vertragsverhältnissen. Schließlich seien die Verträge nach dem Vortrag der Klägerin durch Schmiergeldzahlungen zustande gekommen und daher nichtig, so dass aus diesen überhaupt keine Ansprüche hergeleitet werden könnten.
II. Auf die Vorlage durch die 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam ist die Zuständigkeit der funktional zuständigen Baukammer des Landgerichts für den vorliegenden Rechtsstreit auszusprechen.
1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht über den vorliegenden Zuständigkeitsstreit zu entscheiden. Die Regelung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist nach allgemeiner Auffassung auf Fälle wie den vorliegenden, in denen mehrere Spruchkörper desselben Gerichts um ihre Zuständigkeit streiten und die Entscheidung dieses Kompetenzkonflikts nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans, sondern von einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung wie der des § 72a Abs. 1 Nr. 6 GVG abhängt, entsprechend anzuwenden (Senat, Beschluss vom 17.5.2021, 1 AR 20/21 (SA Z); BayObLG, Beschluss vom 15.9.2020, 101 AR 99/20, zitiert nach juris; KG, Beschluss vom 22.3.2018, 2 AR 11/18, zitiert nach juris; OLG Nürnberg, MDR 2018, 1015, 1016; OLG Hamburg, Beschluss vom 12.10.2018, 6 AR 17/18, zitiert nach juris; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 36 Rn. 39; MünchKomm./Patzina, ZPO, 6. Aufl. § 36 Rn. 6; jeweils m. w. N.).
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl die 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam als auch die 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar Erstere durch den Beschluss vom 01. September 2021 und Letztere durch den Beschluss vom 8. Oktober 2021. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal rechtskräftig im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 34 f.).
3. Funktionell zuständig ist die Baukammer des Landgerichts, da es sich entgegen der Ansicht der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam um eine Bausache nach § 72a Abs. 1 Nr. 2 GVG handelt.
Der Begriff der Bausache im Sinne dieser Vorschrift ist weit auszulegen. Entsprechend dem an § 348 Nr. 2b ZPO angelehnten Wortlaut der Vorschrift erstreckt sich ihr Anwendungsbereich auf Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen damit "alle Streitigkeiten über Ansprüche erfasst werden, die aus einem Rechtsverhäl...