Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Klagerücknahme hat das Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung auch über die Niederschlagung erstinstanzlich entstandener Kosten nach § 8 Abs. 1 GKG zu entscheiden.
2. Die Kosten einer nach dem Sach- und Streitstand offensichtlich überflüssigen Beweisaufnahme sind gem. § 8 Abs. 1 GKG niederzuschlagen. Die Einholung von Rechtsgutachten in Form der „Klärung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens” insb. bei Selbständigen stellt eine solche überflüssige Beweisaufnahme dar.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Aktenzeichen 52 F 421/00) |
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Kosten für die Erstellung des Gutachtens des Sachverständigen U. vom 26.3.2002 werden nicht erhoben.
Gründe
Die Kostenentscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 ZPO, nachdem die Klägerin ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vom 18.9.2003 zurückgenommen hat.
Die Kosten der erstinstanzlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen U werden gem. § 8 Abs. 1 GKG nicht erhoben, da sie auf eine unrichtige Sachbehandlung des AG zurückzuführen sind.
Der Senat ist zur Entscheidung über die Niederschlagung der gerichtlichen Aufwendungen erster Instanz berufen. Zwar hat der BGH für den Fall der Aufhebung und Zurückverweisung einer Sache entschieden, dass das Revisionsgericht nicht über die Niederschlagung der Kosten des Berufungsverfahrens gem. § 8 GKG entscheiden dürfe (BGH NJW 2000, 3788 f.). Anders verhält es sich jedoch im Falle der Klagerücknahme vor dem Berufungsgericht. Gemäß § 269 Abs. 3 ZPO ist bei einer solchen von Amts wegen über die gesamten Kosten des Rechtsstreits, und mithin auch über die erstinstanzlichen Kosten, zu entscheiden (LAG Bremen in KostRsp. Nr. 40 zu § 8 GKG für den Fall der unterbliebenen Urteilszustellung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO.)
Die Niederschlagung der Kosten des Sachverständigengutachtens folgt aus § 8 Abs. 1 GKG. Nach dieser Vorschrift sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 8 Abs. 1 GKG liegt dann vor, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß offen zutage tritt, oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt. Dies gilt auch für die Kosten einer nach dem Sach- und Streitstand offensichtlich überflüssigen Beweisaufnahme, die nicht lediglich auf einer geänderten Rechtsauffassung des Gerichts beruht (OLG München v. 24.8.1998 – 11 WF 998/98, OLGReport München 1999, 99 = MDR 1998, 1437). Die nur irrtümliche Beurteilung des Sachverhaltes rechtfertigt die Niederschlagung dagegen nicht (OLG München v. 24.8.1998 – 11 WF 998/98, OLGReport München 1999, 99 = MDR 1998, 1437; OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 45; Schneider, MDR 2000, 747 [752]).
Ein solcher offensichtlicher Verstoß gegen die Beweisaufnahmevorschriften und damit eine überflüssige Beweisaufnahme liegt hier vor, weil sie unter keinem Gesichtspunkt als rechtlich vertretbar anzusehen ist. Das trifft insb. für die Einholung von Rechtsgutachten zu (OLG Karlsruhe v. 22.5.1990 – 2 WF 28/90, FamRZ 1990, 1367). Die Klärung einer allein durch Gesetzesauslegung zu ermittelnden Rechtsfrage ist ausschließlich Sache des Gerichts und darf nicht gutachterlichen Äußerungen überlassen werden. Ein Sachverständiger hat nicht die Aufgabe, den entscheidungserheblichen Prozessstoff zusammenzustellen, zu ordnen oder in rechtlicher Hinsicht zu bewerten. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Beweisaufnahme nur über (str.) Tatsachen, nicht aber Rechtsnormen statt zu finden hat, sieht das Gesetz nur in § 293 ZPO bezüglich der Feststellung ausländischen Rechts, Gewohnheitsrechts oder von Statuten vor. Für die Auslegung inländischen Rechts gilt dies im Umkehrschluss, auch wenn es sich um komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge handelt, nicht.
Die „Klärung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens” des Beklagten ist offensichtlich eine Auslegungs- und Rechtsfrage. Die den Einzelpositionen in den Jahresabschlüssen zu Grunde liegenden Tatsachen waren zwischen den Parteien vorliegend nicht str. Wesentlicher Streitpunkt war ausschließlich die unterhaltsrechtliche Bewertung der Fragen, ob die steuerlich zulässigen Aufwendungen als betriebsbedingt anzusehen waren, die Abschreibungen einer tatsächlichen Wertminderung gegenüberstanden und daher bei der Unterhaltsberechnung einkommensmindernd anzuerkennen sind.
Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 8 GKG gegeben sind, ist ferner nicht entscheidungserheblich, ob möglicherweise die bei der gerichtlichen Beweisaufnahme durchgeführten Bewertungen (OLG München v. 24.8.1998 – 11 WF 998/98, MDR 1998, 1437 = OLGReport MBN 1999, 99) oder die eingeholten Auskünfte zu einem späteren Zeitpunkt nützlich sein könnten. Daher kommt es nicht darauf an, dass durch den Sachverständigen die in dem maßgeblichen Drei-Jahreszeitraum erstellten Bilanzen und Geschäftsunterlagen erst angefordert wurden und eine ge...