Leitsatz (amtlich)

Eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. § 8 GKG durch das Prozessgericht liegt nicht schon dann vor, wenn der Rechtsstreit im Hinblick auf ein zwischenzeitlich eingeleitetes WEG-Verfahren zu einem früheren Zeitpunkt hätte ausgesetzt und dadurch eine Beweisaufnahme hätte vermieden werden können. Das Gericht hat erst dann Veranlassung, über die Frage der Aussetzung zu befinden, wenn ausreichende Tatsachen hinsichtlich des anderweitigen Verfahrens aktenkundig gemacht worden sind, welche die Prüfung der Vorgreiflichkeit i.S.d. gem. §§ 148 ZPO, 45 Abs. 2 WEG ermöglichen.

 

Normenkette

GKG § 8

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 09.04.2003; Aktenzeichen 9 O 556/99)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Aachen – 9 O 556/99 – vom 9.4.2003 wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beklagte veräußerte der Klägerin und deren Ehemann ein Grundstück mit einer mittlerweile fertiggestellten Eigentumswohnung nebst Garage in T. Die Klägerin hat mit der im August 1996 erhobenen Klage die Beklagte auf Zahlung von Minderungsbeträgen wegen angeblicher Mängel des Objekts – im Wesentlichen waren dies behauptete Schallschutzmängel am Gemeinschaftseigentum – in Anspruch genommen. Das LG hat zu den im Prozess behaupteten Mängeln Beweis, u.a. durch Einholung von Sachverständigengutachten, erhoben. Der Rechtsstreit ist durch Beschluss der Kammer vom 7.8.2000 im Hinblick auf das seinerzeit von der Klägerin und ihrem Ehemann gegen andere Wohnungseigentümer betriebene Wohnungseigentumsverfahren (AG Eschweiler – 6 II 32/97; LG Aachen – 2 T 8/00) ausgesetzt worden. Nach Fortsetzung des Rechtsstreits ist die Klage durch am 19.2.2002 verkündetes Urteil abgewiesen worden. Dabei hat die Kammer bezüglich der Mängel am Gemeinschaftseigentum auf die fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin abgestellt. Die gegen diese Entscheidung von der Klägerin eingelegte Berufung ist mit Schriftsatz vom 23.5.2002 zurückgenommen worden.

Mit Schriftsatz vom 25.3.2002 hat die Klägerin über ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beantragt, die Gutachterkosten und Zeugenauslagen gem. § 8 GKG niederzuschlagen, da die Beweisaufnahme nach der getroffenen Entscheidung nicht erforderlich gewesen sei. Durch Beschluss vom 9.4.2003 hat das LG den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Rechtsfehler des Gerichts, welcher zu einer Niederschlagung der Kosten berechtigen würde, nicht vorgelegen habe. Gegen diese Entscheidung richtet sich die „sofortige Beschwerde” der Klägerin, welche durch Schriftsatz vom 14.8.2003 näher begründet worden ist. Das LG hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 8.9.2003 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das gem. §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 2 GKG als einfache Beschwerde statthafte Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug nimmt, hat das LG das Begehren der Klägerin abgelehnt. Ein Fehler des erkennenden Gerichts, der dazu verpflichten würde, die Verfahrenskosten in dem von der Klägerin begehrten Umfang niederzuschlagen, ist weder hinreichend dargetan noch aus den Akten ersichtlich.

Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Der Senat geht mit der einhelligen Auffassung in Rspr. und Lit. davon aus, dass eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. Vorschrift nur dann zu bejahen ist, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt. Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck des § 8 GKG, eine Sachentscheidung des Gerichts im nachhinein auf ihre Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Daher rechtfertigen nicht schon eine irrtümliche Beurteilung eines Sachverhalts oder die Änderung einer ursprünglichen Rechtsauffassung die Anwendung dieser Vorschrift (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 45, OLG München v. 24.8.1998 – 11 WF 998/98, MDR 1998, 1437 = OLGReport München 1999, 99; Hartmann, KostG, 32. Aufl., § 8 GKG Rz. 8 ff. m.w.N.). Handelt es sich bei der beanstandeten bzw. unterlassenen Prozesshandlung des Gerichts um eine in dessen pflichtgemäßem Ermessen liegende verfahrensleitende Maßnahme, so ist für § 8 GKG nur ein sehr enger Anwendungsbereich eröffnet. Eine i.S.d. Vorschrift unrichtige Sachbehandlung kommt in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn ein Ermessensmissbrauch oder –fehlgebrauch anzunehmen ist. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Auffassung hinsichtlich der Voraussetzungen des § 8 GKG wird entgegen der Beschwerdebegründung auch nicht in der Kommentierung von Makl/Meyer (Makl/Meyer, GKG, 4. Aufl., § 8 Rz. 7 ff.) vertreten.

1. Die Beschwerdeführerin wirft dem LG vor, es habe den Rechtsstreit im Hinblick auf das seinerzeit schwebende Wohnungseigentumsverfahren früher als durch den Beschluss vom 7.8.2000 aussetzen müssen. Dann wären bei Zugrunde...

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