Leitsatz (amtlich)

1. Bei Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs besteht auch unter Beachtung des Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG die vormalige Zuständigkeit fort.

2. Ein auf fehlerhafter Rechtsgrundlage erfolgender Verweisungsbeschluss entfaltet nicht die Bindungswirkung des § 3 Abs. 3 FamFG bzw. § 281 Abs. 2 ZPO.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 11.10.2010; Aktenzeichen 127 F 18009/10)

AG Nauen (Aktenzeichen 24 F 78/10)

 

Tenor

Zum zuständigen Gericht wird das AG - Familiengericht - Nauen bestimmt.

 

Gründe

1. Die Anwendbarkeit des FamFG folgt daraus, dass hier die Regeln des neuen, ab dem 1.9.2009 geltenden Rechts auf den vorliegenden, ursprünglich nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzten und nunmehr wiederaufgenommenen Versorgungsausgleich Anwendung finden. Sämtliche vor dem 1.9.2009 ausgesetzte Verfahren zum Versorgungsausgleich, die ab dem 1.9.2009 wieder aufgenommen werden, unterfallen dem neuen Verfahrensrecht des FamFG sowie den Regeln des VersAusglG, Art. 111 Abs. 3 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG.

2. Da das AG Nauen zuerst mit dem Verfahren befasst war, folgt die Zuständigkeit des OLG Brandenburg aus § 5 Abs. 2 FamFG.

3. Die Zuständigkeit des AG Nauen folgte daraus, dass dieses AG ursprünglich für das Scheidungsverbundverfahren, innerhalb dessen der Versorgungsausgleich Folgesache war, sachlich und örtlich zuständig war.

a. Die einmal begründete Zuständigkeit des AG Nauen bleibt auch nach Wiederaufnahme des Verfahrens über den Versorgungsausgleich erhalten, wie im Übrigen auch aus § 2 Abs. 2 FamFG folgt. Entgegen der Auffassung des AG Nauen findet § 218 FamFG insoweit keine (erstmalige) Anwendung, vielmehr bedarf es bei Wiederaufnahme des Verfahrens einer solchen Zuständigkeitsprüfung nicht. Nach Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG gilt das hiesige Verfahren als selbständige Familiensache. Daran ändert auch nichts, dass der Versorgungsausgleich im vorliegenden Fall ausgesetzt wurde. Auch die Aussetzung des Versorgungsausgleiches - hier gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG a.F. - innerhalb des Scheidungsverbundes führt zur Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund, soweit nachfolgend die Ehescheidung erfolgt (vgl. auch Götsche, FamRB 2009, 317, 319 f.).

Unter Beachtung des Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG entfällt insoweit der Status der Folgesache Versorgungsausgleich als Verbundsache. Ob darüber hinaus die Versorgungsausgleichsache ihren Folgesachencharakter vollständig verliert, d.h. in jeglicher Hinsicht selbständig wird, oder ob der selbständig gewordene Versorgungsausgleich Folgesache bleibt, wie der Senat es vertritt (OLG Brandenburg - 1. Familiensenat -, Beschl. v. 26.10.2010 - 9 WF 276/10), kann an dieser Stelle dahinstehen. Gleich welcher Meinung man sich insoweit anschließt, stellt die Wiederaufnahme des Versorgungsausgleiches jedenfalls nicht die erneute Einleitung der Versorgungsausgleichssache dar; und nur bei einer solchen wäre eine Zuständigkeitsprüfung gem. § 218 FamFG erforderlich. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es sich bei der hier erfolgten Aussetzung des Versorgungsausgleiches nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG um eine bloße, das Verfahren über den Versorgungsausgleich nicht beendende Zwischenentscheidung gehandelt hat (allgemein dazu BGH FamRZ 2003, 1005; OLG Brandenburg OLGReport Brandenburg 2006, 477, 478; Götsche, FamRZ 2009, 2047, 2052 m.w.N. in Fn. 45). Die spätere Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs - gleich aus welchen Gründen - stellt sich daher allein als Fortführung der bereits eingeleiteten und betriebenen Versorgungsausgleichssache dar, mag diese nunmehr auch als selbständiges Verfahren außerhalb des Verbundes fortgesetzt werden. Dies hat der Senat auch bereits entschieden (OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen, Beschl. v. 6.9.2010 - 9 AR 7/10).

Dann aber folgt zwingend die örtliche Zuständigkeit des ursprünglichen, für das Scheidungsverfahren und damit die Verbundsache Versorgungsausgleich örtlich zuständigen Gerichtes aus § 2 Abs. 2 FamFG. Nach dieser Vorschrift bleibt die örtliche Zuständigkeit eines Gerichtes auch bei Veränderung der sie begründenden Umstände erhalten, sog. Grundsatz des perpetuatio fori. Die einmal begründete Zuständigkeit bleibt also bestehen und kann nicht mehr nachträglich entfallen (vgl. auch bereits BGH, NJW-RR 1993, 1091). Dies war bereits für das frühere Recht des FGG, das eine gesetzliche Vorschrift in diesem Sinne nicht enthielt, allgemein anerkannt (vgl. nur BGH, a.a.O.). Im neuen Recht des FamFG ist dies gerade aus diesem Grunde in § 2 Abs. 2 FamFG gesetzlich normiert worden.

b. Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im hiesigen Fall folgt nichts Anderes daraus, dass sich das AG Nauen hier mit Beschluss vom 2.8.2010 für örtlich unzuständig erklärt hat.

Insoweit handelt es sich nicht um einen Beschluss i.S.d. § 3 Abs. 3 FamFG, der unanfechtbar und für das als zuständig bestimmte AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg bindend wäre. Eine Bindungswirkung könnte nur dann hergestellt werden, soweit das AG ...

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