Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Entscheidung vom 16.11.2010; Aktenzeichen 132 F 20689/10)

AG Nauen (Aktenzeichen 24 F 288/10)

 

Tenor

Zum zuständigen Gericht wird das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen bestimmt.

 

Gründe

Auf das Verfahren (den ursprünglich nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzten und nunmehr wiederaufgenommenen Versorgungsausgleich) sind die Regeln des neuen, ab dem 1. September 2009 geltenden Rechts anzuwenden. Sämtliche vor dem 1. September 2009 ausgesetzten Verfahren zum Versorgungsausgleich, die ab dem 1. September 2009 wieder aufgenommen werden, unterfallen dem neuen Verfahrensrecht des FamFG sowie den Regeln des VersAusglG, Art. 111 Abs. 3 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG.

Der Senat hat gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4; Abs. 2 FamFG das zuständige Gericht zu bestimmen. Zuständig ist das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen.

Dessen Zuständigkeit folgt daraus, dass das Amtsgericht Nauen ursprünglich für das Scheidungsverbundverfahren, innerhalb dessen der Versorgungsausgleich Folgesache war, sachlich und örtlich zuständig war.

Die einmal begründete Zuständigkeit des Amtsgerichts Nauen bleibt auch nach Wiederaufnahme des Verfahrens über den Versorgungsausgleich erhalten, wie im Übrigen auch aus § 2 Abs. 2 FamFG folgt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Nauen im Beschluss vom 23. September 2010 findet § 218 FamFG insoweit keine (erstmalige) Anwendung, vielmehr bedarf es bei Wiederaufnahme des Verfahrens einer solchen Zuständigkeitsprüfung nicht. Nach Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG gilt das hiesige Verfahren als selbständige Familiensache.

Danach entfällt der Status der Folgesache Versorgungsausgleich als Verbundsache. Ob darüber hinaus die Versorgungsausgleichsache ihren Folgesachencharakter vollständig verliert, d.h. in jeglicher Hinsicht selbständig wird, oder ob der selbständig gewordene Versorgungsausgleich Folgesache bleibt, wie der Senat es vertritt (Brandenburgisches OLG - 1. Familiensenat -, Beschl. v. 26. Oktober 2010 - 9 WF 276/10), kann an dieser Stelle dahinstehen. Gleich welcher Meinung man sich insoweit anschließt, stellt die Wiederaufnahme des Verfahrens über den Versorgungsausgleiches jedenfalls nicht die erneute Einleitung der Versorgungsausgleichssache dar; und nur bei einer solchen wäre eine Zuständigkeitsprüfung gemäß § 218 FamFG erforderlich. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es sich bei der hier erfolgten Aussetzung des Versorgungsausgleiches nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG um eine bloße, das Verfahren über den Versorgungsausgleich nicht beendende Zwischenentscheidung gehandelt hat (allgemein dazu BGH FamRZ 2003, 1005; Brandenburgisches OLG, OLGR 2006, 477, 478; Götsche, FamRZ 2009, 2047, 2052 m.w.N. in Fn. 45). Die spätere Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs - gleich aus welchen Gründen - stellt sich daher allein als Fortführung der bereits eingeleiteten und betriebenen Versorgungsausgleichssache dar, mag diese nunmehr auch als selbständiges Verfahren außerhalb des Verbundes fortgesetzt werden. Dies hat der Senat auch bereits mehrfach entschieden (Brandenburgisches Oberlandesgericht - 1. Senat für Familiensachen, Beschl. v. 06.09.2010 - 9 AR 7/10; 9 AR 9/10; 9 AR 11/10).

Dann aber folgt zwingend die örtliche Zuständigkeit des ursprünglichen, für das Scheidungsverfahren und damit die Verbundsache Versorgungsausgleich örtlich zuständigen Gerichtes aus § 2 Abs. 2 FamFG. Nach dieser Vorschrift bleibt die örtliche Zuständigkeit eines Gerichtes auch bei Veränderung der sie begründenden Umstände erhalten, sogenannter Grundsatz des perpetuatio fori. Die einmal begründete Zuständigkeit bleibt also bestehen und kann nicht mehr nachträglich entfallen (vgl. auch bereits BGH, NJW-RR 1993, 1091). Dies war bereits für das frühere Recht des FGG, das eine gesetzliche Vorschrift in diesem Sinne nicht enthielt, allgemein anerkannt (vgl. nur BGH, aaO.). Im neuen Recht des FamFG ist dies gerade aus diesem Grunde in § 2 Abs. 2 FamFG gesetzlich normiert worden.

Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im hiesigen Fall folgt nichts anderes daraus, dass sich das Amtsgericht Nauen mit Beschluss vom 23. September 2010 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - Tempelhof-Kreuzberg verwiesen hat.

Insoweit handelt es sich nicht um einen Beschluss im Sinne des § 3 Abs. 3 FamFG, der unanfechtbar und für das als zuständig bestimmte Amtsgericht bindend wäre. Eine Bindungswirkung hätte nur dann hergestellt werden können, soweit das Amtsgericht Nauen tatsächlich eine Entscheidung nach § 3 Abs. 1 FamFG in dem vorgenannten Beschluss getroffen hätte. Dies ist allerdings zweifelhaft. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Amtsgericht Nauen nämlich die Verweisung nur auf § 218 FamFG gestützt. Ein auf fehlerhafter Rechtsgrundlage erfolgender Verweisungsbeschluss entfaltet aber nicht die Bindungswirkung des § 3 Abs. 3 FamFG bzw. § 281 Abs. 2 ZPO (vgl. für die Verweisung nach § 281 ZPO anstelle von § 17 a Abs. 2 GVG OLG Brandenburg, OLG-NL 2003, 163).

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