Leitsatz (amtlich)

1. Gegen eine Kommanditgesellschaft können Kosten festgesetzt werden, auch wenn über das Vermögen ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

2. Ein vom Gericht in Unkenntnis eines bereits eröffneten Insolvenzverfahrens erlassenes Urteil kann Grundlage für die Kostenfestsetzung sein.

 

Normenkette

ZPO §§ 240, 93

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 30.03.2009; Aktenzeichen 12 O 27/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) vom 16.4.2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Potsdam vom 30.3.2009 - 12 O 27/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1.) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Das LG hat die beklagte Kommanditgesellschaft (Beklagte zu 1.) und ihre persönlich haftende Gesellschafterin (Beklagte zu 2.) durch Versäumnisurteil vom 4.3.2008 zur Herausgabe verschiedener Gegenstände verurteilt und ihnen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner auferlegt. Über das Vermögen der Beklagten zu 2.) ist am 20.2.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Das LG hat mit Beschluss vom 28.11.2008 festgestellt, dass das Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich der Beklagten zu 2.) gem. § 240 ZPO unterbrochen ist. Mit Beschluss vom 30.3.2009 hat es die von der Beklagten zu 1.) an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3.270,80 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 2.4.2009 zugestellt worden ist, wendet sich die Beklagte zu 1.) mit ihrer am 16.4.2009 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, die festgesetzten Kosten seien Gegenstand im Insolvenzverfahren ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, der Beklagten zu 2.). Das Verfahren müsse für beide Beklagte unterbrochen sein.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 30.7.2009 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte zu 1.) 3.270,80 EUR und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 EUR.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zu 1.) die Kostenfestsetzung nicht hindert, denn die Beklagte zu 1.) selbst befindet sich nicht in Insolvenz. Ihr ggü. ist das Verfahren deshalb nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.

Nichts anderes ergibt sich aus § 93 InsO. Nach dieser Vorschrift kann im Falle der Insolvenz einer KG die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeit der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die Unterbrechung des Rechtsstreits gegen die Gesellschaft auch zur Unterbrechung des Rechtsstreits gegen die persönlichen haftenden Gesellschafter führt (BGH, Beschl. v. 20.11.2008, IX ZB, 199/05, NJW-RR 2009, 343, zitiert nach Juris).

Hier befindet sich jedoch nicht die Gesellschaft, d.h. die Beklagte zu 1.) in Insolvenz, sondern die Beklagte zu 2.) als deren persönlich haftende Gesellschafterin. Diesen Fall regelt § 93 InsO nicht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift verfolgt das Ziel, den Gläubigerwettlauf um die Gesellschafterhaftung zu zügeln. Einen solchen Wettlauf gibt es nicht mehr, wenn der Gesellschafter bereits insolvent ist.

Für die Kostenfestsetzung existiert auch eine wirksame Kostengrundentscheidung.

Zwar hätte das Versäumnisurteil vom 4.3.2008 wegen des bereits vorher eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 2.) nicht mehr gegen die Beklagte zu 2.) ergehen dürfen, § 240 ZPO. Richtigerweise hätte allein ein Teil-Urteil gegen die Beklagte zu 1.) ergehen dürfen, die Kostenentscheidung hätte einem Schlussurteil vorbehalten werden müssen. Bei einer solchen Entscheidung hätte es keine Grundlage für eine Festsetzung der Kosten gegen die Beklagte zu 1.) gegeben.

Das vom LG in Unkenntnis der Insolvenzeröffnung während eines Verfahrensstillstandes nach § 249 ZPO auch gegen die Beklagte zu 2.) erlassene Urteil einschließlich der gegen beide Beklagte ergangenen Kostenentscheidung ist jedoch nicht per se nichtig. Es ist nach ständiger Rechtsprechung vielmehr lediglich anfechtbar (vgl. BGH BGHReport 2004, 973).

Es muss hier nicht entschieden werden, ob gegen das Versäumnisurteil wirksam ein Rechtsmittel eingelegt worden ist oder nicht. Voraussetzung für die Kostenfestsetzung ist allein ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, § 103 Abs. 1 ZPO. Rechtskraft des Titels ist nicht erforderlich. Es reicht ein vorläufig vollstreckbares Urteil. Ein solches liegt hier vor.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes unterbleibt, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem S...

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