Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Anordnung begleiteten Umgangs
Leitsatz (amtlich)
1. Das sog. Verschlechterungsverbot gilt in Umgangsverfahren nicht.
2. Zur konkreten Gefährdung, die allein die Anordnung begleiteten Umgang rechtfertigt.
Normenkette
ZPO § 621e; BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 11.01.2008; Aktenzeichen 5.1 F 684/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss des AG Frankfurt/O. vom 11.1.2008 wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Vater hat das Recht, mit dem Kind J., geboren 2001, wie folgt zusammen zu sein:
An jedem 2. Wochenende von Freitag 18.30 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr, beginnend mit dem Wochenende 18./20.4.2008, an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten jeweils in der Zeit von 10.00 bis 18.00 Uhr, drei Wochen in den Schulsommerferien des Landes Brandenburg, und zwar jeweils in den ersten drei Ferienwochen. Der Ferienumgang beginnt mit dem ersten auf den letzten Schultag folgenden Samstag 10.00 Uhr und endet drei Wochenenden später am Sonntag 18.00 Uhr.
Die Feiertags- und die Ferienregelungen gehen den regelmäßigen Umgangswochenenden vor. Der Turnus des Wochenendumgangs bleibt im Übrigen unverändert.
Fällt das Umgangswochenende aus und ist dies nicht vom Vater veranlasst, so findet der Wochenendumgang ersatzweise am darauf folgenden Wochenende statt. Der Rhythmus des Umgangs im Übrigen bleibt unberührt.
Der Vater holt J. zu Beginn der Besuchszeiten an der Wohnung der Mutter ab. Er bringt ihn zum Ende der Besuchszeiten dorthin zurück und übergibt J. der Mutter.
Die Mutter hält J. zum Beginn der Besuchszeiten in ihrer Wohnung zur Abholung bereit und sorgt dafür, dass er mit dem Vater mitgeht. Am Ende der Besuchszeiten nimmt die Mutter J. an ihrer Wohnung wieder in Empfang.
Für den Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss wird beiden Elternteilen ein Zwangsgeld von bis zu 5.000 EUR angedroht.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz und des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. streiten über die Ausgestaltung des Umgangsrechts des Vaters mit seinem am 8.8.2001 geborenen Sohn J. Die Eltern, die zeitweilig zusammenwohnten, waren nie miteinander verheiratet. Seit 4/2004 leben sie getrennt. Der Mutter steht die alleinige Sorge für das in ihrem Haushalt lebende Kind zu. Beide wohnen in F. Der Vater lebt in B.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 11.1.2008 hat das AG dem Vater nach Anhörung der Beteiligten und Einholung von Sachverständigengutachten ein unbegleitetes Umgangsrecht an jedem zweiten Wochenende von Samstag 10.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr eingeräumt, beginnend am Wochenende 26./27.1.2008.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt, den Beschluss des AG - FamG - Frankfurt/O. vom 11.1.2008, Aktenzeichen 5.1 F 684/05 aufzuheben.
Der Antragsteller begehrt die Zurückweisung der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen des AG in dem angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die gem. § 621e ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie führt jedoch unter Berücksichtigung des Kindeswohls zu einer teilweisen Modifizierung des Umgangsrechts zwischen dem Vater und J.
1. Können sich die Eltern - wie hier - über das verfassungsrechtlich geschützte Umgangsrecht des nicht betreuenden Elternteils gem. § 1684 BGB nicht einigen, so haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen. Diese hat sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger zu berücksichtigen. Die Gerichte müssen sich daher bemühen, eine Übereinstimmung der verschiedenen Grundrechte herbeizuführen. Ein Umgang in Anwesenheit eines mitwirkungsbereiten Dritten (§ 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB) - sog. begleiteter Umgang - soll einerseits den Umgang ermöglichen und andererseits das Kind schützen. Damit ist jedoch eine Einschränkung des Umgangsrechts verbunden. Die Anordnung eines begleiteten Umgangs beschränkt dabei nicht nur den Vater erheblich in seinem Elternrecht, sondern greift auch intensiv in das Recht des Kindes ein, mit seinem umgangsberechtigten Elternteil grundsätzlich unbeaufsichtigt und ohne Beobachtung durch Dritte persönlichen Kontakt zu pflegen. Eine solche Einschränkung des Umgangsrechts darf daher nur erfolgen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Insoweit bedarf es der Feststellung einer konkreten Gefährdung des Kindes. Die Annahme einer konkreten Gefahr erfordert dabei eine sichere Tatsachengrundlage (vgl. zum Ganzen BVerfG, FamRZ 2008, 494 f.; FamRZ 2005, 1816 f.).
2. Legt man diese von Verfassungs wegen zu beachtenden Ma...