Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 05.10.2011; Aktenzeichen 2 O 95/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam vom 05.10.2011 - 2 O 95/11 - abgeändert.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 5.000,00 €.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder der Arbeitsgerichtsbarkeit.

Die Klägerin ist eine Finanzvermittlungsgesellschaft. Der Beklagte war für die Klägerin als selbständiger Handelsvertreter auf der Grundlage eines zwischen den Parteien geschlossen Handelsvertretervertrages vom 16.07./20.07.2007 tätig.

In dem Vertrag finden sich unter anderen folgende Bestimmungen:

I. "Die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit hat der Vermögensberater vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen. Mit dieser Anzeige sind der Gesellschaft sämtliche für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände offenzulegen und vertragliche Vereinbarungen und sonstigen Unterlagen, die sich bestimmend auf den Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken zugänglich zu machen. Die beabsichtigte Tätigkeit darf frühestens 21 Tage nach Eingang der Anzeige und aller notwendigen Unterlagen aufgenommen werden. Ein Verstoß hiergegen stellt einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar."

Ferner heißt es unter V. :

"Der Vermögensberater ist verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 Abs. 1 HGB aufgegeben ist. Er hat ferner jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen oder die Vermittlung von Vermögensanlagen, die nicht zur Produktpalette der Gesellschaft gehören, ebenso zu unterlassen wie das Abwerben von Vermögensberatern oder anderen Mitarbeitern oder Kunden der Gesellschaft oder dies alles auch nur zu versuchen.

Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dieses alles auch nur zu versuchen."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K6 zu den Gerichtsakten gereichte Kopie des Vermögensberatervertrages vom 16./20.07.2007 (Bl. 57 ff GA) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 25.05.2010 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund zum 31.08.2010. Seit dem 01.06.2010 erhielt der Beklagte keine Provisionszahlungen mehr.

Die Klägerin nimmt den Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Sie behauptet, der Beklagte habe nach Beendigung des Vertragsverhältnisses im Jahre 2011 Schreiben an ehemalige von ihm betreute Kunden versandt, mit denen er Leistungen im Bereich der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsvermittlung angeboten habe, ohne anzugeben, ob er die nach § 34 d GewO erforderliche Erlaubnis habe. Dies stelle ein Verstoß gegen die §§ 4, 5 und 17 UWG sowie gegen § 11 VersVermV dar.

Der Beklagte hält den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG für gegeben. Er sei nach den vertraglichen Vereinbarungen als sogenannter Einfirmenvertreter im Sinne des § 92 a HGB anzusehen, da es zur Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs-, und Verkaufstätigkeit der vorherigen schriftlichen Einwilligung der Klägerin bedurft habe. Er habe sowohl in dem Zeitraum der letzten sechs Monate vor Einstellung seiner Tätigkeit als auch vor Ende des Vertragsverhältnisses weniger als 1.000,00 € monatlich an Vergütung einschließlich Provision verdient. In diesem Zusammenhang vertritt er die Auffassung, die Kündigung durch die Klägerin sei unwirksam. Im Übrigen habe er mit seinen vereinzelten Anschreiben keine Versicherungs- und Finanzdienstleistungsvermittlung angeboten, sondern es habe sich um auch im Interesse der Klägerin liegende Bestandserhaltungsmaßnahmen gehandelt.

Die Klägerin hält den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig. Nach dem Vertrag sei vereinbart gewesen, dass der Beklagte eine anderweitige Erwerbstätigkeit schriftlich anzuzeigen habe und die beabsichtigte Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang der Anzeige und aller notwendigen Unterlagen aufnehmen dürfe. Einer vorherigen schriftlichen Einwilligung zur Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- und Verkaufstätigkeit habe es gerade nicht bedurft.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat sich das Landgericht für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17 a GVG an das Arbeitsgericht Potsdam verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte sei Einfirmenvertreter im Sinne des § 92 a HGB gewesen. Aufgrund der vertraglichen Regelung sei ihm die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs-, oder Verkaufstätigkeit nur nach vorheriger schriftlicher Einwilligung dur...

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