Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsverfahren: Einstweilige Einstellung der Vollstreckung im Beschwerderechtszug
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Einstellung der Vollstreckung von Unterhaltsrückständen reicht die Darlegung des endgültigen Verlustes an den nach Verbrauch zur Rückerstattung unfähigen Gläubiger aus, um einen nicht zu ersetzenden Nachteil geltend zu machen (vgl. Senat FamRZ 2015, 1741 m.w.N.).
2. Für die Einstellung der Vollstreckung laufenden Unterhalts reicht die Darlegung des endgültigen Verlustes an den nach Verbrauch zur Rückerstattung unfähigen Gläubiger nicht aus, um einen nicht zu ersetzenden Nachteil geltend zu machen (vgl. Senat FamRZ 2015, 1741 m.w.N.).
3. Eine Einstellung der Vollstreckung von Unterhaltsforderungen gegen Sicherheitsleistung kommt nicht in Betracht (vgl. Senat FamRZ 2015, 1741 m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Aktenzeichen 7 F 65/17) |
Tenor
Unter Abweisung des weitergehenden Einstellungsantrages des Antragsgegners wird die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 20.03.2019 einstweilen eingestellt,
soweit der Antragsgegner verpflichtet worden ist, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt in Höhe von 1.593 EUR zu zahlen, sowie in Ansehung derjenigen Unterhaltsforderungen, die früher als am letzten Fälligkeitstermin vor Stellung des Vollstreckungsantrages fällig geworden sind.
Gründe
1. Der beschwerdeführende Antragsgegner erbittet die Einstellung der Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts über Kindesunterhalt, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung. Die Antragstellerin, seine Tochter, vollstrecke den Beschluss und sei im Falle seines Obsiegens zur Rückzahlung der vollstreckten Beträge voraussichtlich außerstande, was einen nicht zu ersetzenden Nachteil darstelle.
Die Antragstellerin ist gehört worden und hat Stellung genommen.
2. Der Antrag ist in Ansehung rückständigen Kindesunterhalts begründet.
Für die Einstellung der Vollstreckung von Unterhaltsrückständen reicht die Darlegung des endgültigen Verlustes an den nach Verbrauch zur Rückerstattung unfähigen Gläubiger aus, um einen nicht zu ersetzenden Nachteil geltend zu machen (vgl. Senat FamRZ 2015, 1741 m.w.N.). Dass die Antragstellerin neben den laufenden Unterhaltszahlungen zum Bestreiten ihrer Lebenshaltung auch auf Unterhaltsrückstände angewiesen wäre, hat sie nicht geltend gemacht und dem Vorbringen des Antragsgegners zu einer möglichen Entreicherungseinrede ist sie nicht entgegen getreten.
Im Übrigen ist der Einstellungsantrag unbegründet.
Weil die sofortige Vollstreckbarkeit einer laufenden Unterhaltsverpflichtung die Regel (§§ 116 Abs. 3 S 2, 120 Abs. 2 S 1 FamFG) gegenüber der Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (§ 120 Abs. 2 S 2 FamFG) sein soll, reicht der Verweis auf eine nicht bestehende oder nur unrechtmäßig überhöhte Verpflichtung und eine mögliche Entreicherung des Unterhaltsgläubigers nicht aus. Gerade weil der Unterhaltsgläubiger typischerweise auf den sofortigen Verbrauch der laufend geschuldeten Unterhaltszahlung angewiesen ist, soll der von ihm erstrittene Titel trotz der Anfechtung durch den Schuldner sofort vollstreckt werden können (§§ 116 Abs. 3 S 3, 120 Abs. 2 S 1 FamFG). Diese Regelung weist dem Unterhaltsschuldner - anders als dem Schuldner sonstiger Forderungen - das Risiko zu, die ihn verpflichtende Entscheidung könne sich als unrichtig erweisen (vgl. Senat FamRZ 2015, 165 Senat FamRZ 2015, 1741, jew. m.w.N.).
Eine Einstellung gegen Sicherheitsleistung kommt nicht in Betracht. Der Verweis in § 120 Abs. 2 S 3 FamFG auf § 707 Abs. 1 ZPO, der Einstellungen gegen Sicherheitsleistungen eröffnet, ist nach Entstehungsgeschichte und systematischem Zusammenhang mit § 116 Abs. 3 S 3 FamFG restriktiv zu handhaben (vgl. MüKoFamFG/C. Fischer, 3. Aufl. 2018, FamFG § 120 Rn. 9; 116, Rn. 12 m.w.N.), sodass in Unterhaltssachen Einstellungen oder Beschränkungen nur ohne Sicherheitsleistungen erfolgen können. Dem ist aus den vorgenannten Gründen zu folgen, da der Unterhaltsgläubiger zur Sicherheitsleistung regelmäßig außerstande sein wird, und ihm bei einer Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme gegen Sicherheitsleistung des Schuldners der Erhalt der regelmäßig notwendigen Unterhaltszahlungen vorenthalten bliebe (vgl. Senat FamRZ 2015, 1741).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 120 Abs. 1 FamFG, 719 Abs. 1 S 1, 707 Abs. 2 S 2 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 13382066 |
NJW 2019, 8 |
FamRZ 2019, 1947 |
FF 2019, 423 |
FamRB 2019, 471 |