Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Bewilligungsaufhebung wegen Ratenrückstands
Leitsatz (amtlich)
1. Rückstand (§ 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO aF) meint schuldhaften Verzug und daran fehlt es, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Die Festsetzungsvoraussetzungen für die Ratenanordnung sind im Aufhebungsverfahren im Rahmen des Verschuldens unabhängig von den Feststellungen und Bewertungen des ursprünglichen Bewilligungs- oder Ratenanordnungsbeschlusses zu prüfen, der insoweit für das Aufhebungsverfahren keine Rechtskraft entfaltet (vgl. BGH NJW 1997, 1077 Senat FamRZ 2015, 949 jew. m. w. N.).
2. Weist eine Partei im Aufhebungsverfahren auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, ist dies als Abänderungsantrag auszulegen. Hier muss vor einer Aufhebung die Hilfsbedürftigkeit erneut beurteilt und insbesondere überprüft werden, ob die im Bewilligungsbeschluss festgelegten Monatsraten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vermögensverschlechterung wegfallen oder zu ermäßigen sind (vgl. Senat FamRZ 2019, 300-301 m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 20 F 110/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 22.07.2019 aufgehoben.
Die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen, das über die Aufhebung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden soll.
Gründe
1. Der Antragsteller wendet sich gegen die Aufhebung einer Verfahrenskostenhilfebewilligung in einer Kindesunterhaltssache.
Ihm ist durch Beschluss vom 18.11.2013 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes (42 VK). Mit Beschluss vom 09.07.2018 hat das Amtsgericht eine Ratenzahlung von 100 EUR monatliche angeordnet (108 VK) und mit Beschluss vom 19.07.2019 die Verfahrenskostenhilfe wegen Ratenverzuges von mehr als drei Monaten aufgehoben (119 VK).
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zur festgesetzten Ratenzahlung außerstande zu sein.
2. Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg dahin, dass das Überprüfungsverfahren erneut durchzuführen ist.
Die Voraussetzungen des nach §§ 40 EGZPO, 113 Abs. 1 FamFG anzuwendenden § 124 Abs. 1 Nr. 4 a.F. ZPO lassen sich derzeit nicht feststellen.
Rückstand in i.S. der letztgenannten Bestimmung meint schuldhaften Verzug und daran fehlt es, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Die Festsetzungsvoraussetzungen für die Ratenanordnung sind im Aufhebungsverfahren im Rahmen des Verschuldens unabhängig von den Feststellungen und Bewertungen des ursprünglichen Bewilligungs- oder Ratenanordnungsbeschlusses zu prüfen, der insoweit für das Aufhebungsverfahren keine Rechtskraft entfaltet (vgl. BGH NJW 1997, 1077 Senat FamRZ 2015, 949 jew. m. w. N.).
Das Amtsgericht hat diese Prüfung im Aufhebungsverfahren unterlassen, sodass sein Aufhebungsbeschluss keinen Bestand hat.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Weist eine Partei im Aufhebungsverfahren auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, ist dies als Abänderungsantrag auszulegen. Hier muss vor einer Aufhebung die Hilfsbedürftigkeit erneut beurteilt und insbesondere überprüft werden, ob die im Bewilligungsbeschluss festgelegten Monatsraten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vermögensverschlechterung wegfallen oder zu ermäßigen sind (vgl. Senat FamRZ 2019, 300-301 m.w.N.). Hier hatte der Antragsteller bereits mit Schreiben vom 15.05.2019 einen Abänderungsantrag gestellt (113 VK), den das Amtsgericht unbeschieden gelassen hat.
Der Senat hat die Sache zurückverwiesen (§ 572 Abs. 3 ZPO), damit das Amtsgericht das Aufhebungsverfahren, und innerhalb dessen gegebenenfalls das Änderungsverfahren (§ 120 Abs. 4 ZPO aF) ordnungsgemäß, nunmehr auch unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens (vgl. Senat FamRZ 2019, 300-301 m.w.N.), durchführen kann.
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 13899781 |
JurBüro 2020, 493 |
FF 2020, 379 |