Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beteiligter muss vor der Aufhebung einer Verfahrenskostenhilfebewilligung angehört werden (vgl. Musielak/Voit/Fischer ZPO 14, Aufl., § 124 Rn. 9 BeckOK ZPO/Kratz ZPO § 124 Rn. 2; MüKoZPO/Wache ZPO, 5. Aufl.; § 124 Rn. 29; Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 124 ZPO, Rn. 18; Groß in: Groß, Beratungshilfe/PKH/VKH, 14. Aufl. 2018, § 124, Rn. 23, jew. m.w.N.).
2. War der Beteiligte im Verfahrenskostenhilfeverfahren durch einen Anwalt vertreten, so ist dieser auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens in das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren einzubeziehen. Hierbei gilt das Adressierungsgebot aus § 172 ZPO gleichermaßen für formlose Mitteilungen (vgl Senat FuR 2017, 32 m.w.N.).
3. Weist die Partei nach Anhörung auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, ist dies als Abänderungsantrag auszulegen. Hier muss vor einer Aufhebung die Hilfsbedürftigkeit erneut beurteilt und insbesondere überprüft werden, ob die im Bewilligungsbeschluss festgelegten Monatsraten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vermögensverschlechterung wegfallen oder zu ermäßigen sind (vgl. Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 124 ZPO, Rn. 19 m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Aktenzeichen 31 F 58/17) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 21.03.2018 aufgehoben.
Die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen, das über die Aufhebung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden soll.
Gründe
1. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Aufhebung einer Verfahrenskostenhilfebewilligung in einer Umgangssache.
Ihr ist durch Beschluss vom 29.05.2017 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes und unter Anordnung einer Ratenzahlung. Ein Ratenzahlungsplan weist Ratenzahlungstermine ab September 2017 aus.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht im Anschluss an eine Ratenrückstandsmitteilung der Landeshauptkasse (38, 39 VK) den Bewilligungsbeschluss aufgehoben (40 VK), da die Antragsgegnerin mit der Zahlung einer Monatsrate länger als drei Monate im Rückstand sei.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse gehindert zu sein, Ihre Ratenzahlung aufrechtzuerhalten. Unter Verweis auf geänderte persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse ab 01.09.2017 beantragt sie gleichzeitig eine Aufhebung der Ratenanordnung im Beschluss vom 29.05.2017.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse könne eine Abänderung der Ratenhöhe nur für die Zukunft rechtfertigen und lief er hier nach Fälligkeit der Schlussrate im Dezember 2017 leer.
2. Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat dahin Erfolg, dass die Sache aufzuheben und an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.
Ein Beteiligter muss vor der Aufhebung einer Verfahrenskostenhilfebewilligung angehört werden (vgl. Musielak/Voit/Fischer ZPO 14, Aufl., § 124 Rn. 9 BeckOK ZPO/Kratz ZPO § 124 Rn. 2; MüKoZPO/Wache ZPO, 5. Aufl.; § 124 Rn. 29; Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 124 ZPO, Rn. 18; Groß in: Groß, Beratungshilfe/PKH/VKH, 14. Aufl. 2018, § 124, Rn. 23, jew. m.w.N.). War der Beteiligte im Verfahrenskostenhilfeverfahren durch einen Anwalt vertreten, so ist dieser auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens in das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren einzubeziehen. Hierbei gilt das Adressierungsgebot aus § 172 ZPO gleichermaßen für formlose Mitteilungen (vgl Senat FuR 2017, 32 m.w.N.).
Eine Anhörung der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin vor Beschlusserlass lässt sich nicht feststellen. Der Beschluss folgt unmittelbar der Rückstandsmitteilung und enthält keinen Hinweis auf eine vorherige Anhörung oder Androhung einer Aufhebung gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin.
Weist die Partei nach Anhörung auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, ist dies als Abänderungsantrag auszulegen. Hier muss vor einer Aufhebung die Hilfsbedürftigkeit erneut beurteilt und insbesondere überprüft werden, ob die im Bewilligungsbeschluss festgelegten Monatsraten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vermögensverschlechterung wegfallen oder zu ermäßigen sind (vgl. Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 124 ZPO, Rn. 19 m.w.N.). Eine derartige Prüfung ist vor Erlass des Beschlusses unterblieben.
Das Vorbringen zur Leistungsunfähigkeit kann die Beschwerdeführerin entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur auch noch in der Beschwerde vorbringen. Das gilt hier umso mehr, als sie mangels Anhörung vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses hierzu keine Gelegenheit hatte.
Der Senat hat die Sache zurückverwiesen (§ 572 Abs. 3 ZPO), damit das Amtsgericht das ...