Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 16.04.2021)

AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 45 Gs 9/21)

 

Tenor

1. Gegen den Angeklagten wird die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

Die Haftkontrolle wird für die Dauer von drei Monaten dem Landgericht Frankfurt (Oder) übertragen.

2. Die weitere Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. April 2021 ist erledigt.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme vom 16. Januar 2021 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 5. Januar 2021 in Untersuchungshaft. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat den Haftbefehl am 21. Juli 2021 neu gefasst und verkündet.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in der Zeit vom 27. März 2020 bis zum 12. Juni 2020 in 23 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben zu haben (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) - davon in einem Fall als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat (§ 30a Abs. 1 BtMG) - sowie in einem Fall gewerbsmäßig mit Betäubungsmitteln gehandelt und Dopingmittel in nicht geringer Menge zum Zweck des Dopings bei Menschen im Sport besessen zu haben (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BtMG, § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 3, § 5 AntiDopG). Er soll im Tatzeitraum von verschiedenen Lieferanten erhebliche Mengen von Betäubungsmitteln zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben haben, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Zur Kommunikation mit seinen Lieferanten, Kurierfahrern, Lagerhaltern und Abnehmern soll er unter dem Nutzernamen "k..." ein abhörgeschütztes "EncroChat"-Mobiltelefon verwendet haben. Der Angeklagte soll bei den Betäubungsmittelgeschäften mit insgesamt 145 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 14.500 g Tetrahydrocannabinol, 1,8 kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 1.310 g Kokainhydrochlorid sowie 16 kg Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 1.600 g Amphetaminbase gehandelt haben. Zum Zwecke der wiederholten eigenen Herstellung nicht geringer Mengen von Amphetamin und dem Vertrieb von nicht geringen Mengen Amphetaminöl soll er sich außerdem mit den gesondert verfolgten D... G... und D... W... zusammengeschlossen haben. Wegen der Tatvorwürfe im Einzelnen wird auf den Haftbefehl des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juli 2021 Bezug genommen.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hat unter dem 3. Juni 2021 Anklage zum Landgericht Frankfurt (Oder) - Große Strafkammer - erhoben. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 21. Juli 2021 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Strafkammer hat die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich erachtet und die Akten dem Senat zur Entscheidung nach § 121 f. StPO vorgelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen.

II.

Der Senat entscheidet antragsgemäß, weil die Voraussetzungen für den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft vorliegen.

1. Der Angeklagte ist der ihm zur Last gelegten Straftaten dringend tatverdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der in der Anklageschrift zutreffend dargelegten Würdigung der vorliegenden Beweismittel und den ebenso zutreffenden Erwägungen des Landgerichts im Haftbefehl vom 21. Juli 2021 sowie im Beschluss über die Verwerfung der Haftbeschwerde vom 16. April 2021. Der Senat nimmt hierauf Bezug.

Die Verwertung der durch die französischen Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit der Überwachung des Dienstleistungsanbieters für sogenannte Krypto-Handys (EncroChat) durch Entschlüsselung von Chat-Nachrichten gewonnenen, sichergestellten und ausgewerteten Chat-Daten unterliegt keinem Verbot. Der Senat teilt die hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung (OLG Bremen, Beschl. v. 18. Dezember 2020 - 1 Ws 166/20; OLG Hamburg, Beschl. v. 29. Januar 2021 - 1 WS 2/21 - 7 OBL 3/21; OLG Schleswig, Beschl. v. 29. April 2021 - 2 Ws 47/21; OLG Rostock, Beschl. v. 23. März 2021 - 20 Ws 70/21; ebenso LG Flensburg, Beschl. v 11. Juni 2021 - V Qs 26/21, jeweils zitiert nach Juris) und folgt insoweit nicht der entgegenstehenden, soweit ersichtlich nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschl. v. 1. Juli 2021 - [525 KLs] 254 Js 592/20 [10/21]; ein Verwertungsverbot ebenfalls bejahend Wahl ZIS 2021, 452ff.; Derin/Singelnstein NStZ 2021, 449ff.). Hierfür sind für den Senat zusammengefasst im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich:

a) Ein zu einem Beweisverwertungsverbot führender Verstoß gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung liegt nicht vor (§ 73 Satz 1 IRG).

Die Art und Weise der in Frankreich betriebenen Beweisgewinnung (näher dargestellt in der Entscheidung OLG Hamburg v. 29. Januar 2021, aaO.) unterliegt dabei nicht uneingeschränkter Überprüfung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht den deutschen Gerichten eine Nachprüfung der im Au...

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