Leitsatz (amtlich)

1. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens ermessensfehlerhaft und rechtfertigt die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht, wenn es einer weiteren Sachaufklärung durch die Partei nicht bedarf.

2. Die Mitteilung des Zweckes der Vorladung ist nach der Reform der ZPO nicht mehr Voraussetzung einer zulässigen Anordnung des persönlichen Erscheinens. Dagegen muss weiterhin auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen werden, um bei Nichterscheinen der Partei ein Ordnungsgeld verhängen zu können.

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 05.03.2003; Aktenzeichen 51 F 53/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 150 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den ihm wegen unentschuldigten Ausbleibens trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens im Termin am 5.3.2003 ein Ordnungsgeld auferlegenden Beschluss des AG Cottbus ist gem. §§ 278 Abs. 3 S. 2, 141 Abs. 3 S. 1, 380 Abs. 3 analog ZPO zulässig. Wenngleich es an einem ordnungsgemäß datierten Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten des Beklagten für die angefochtene Entscheidung fehlt, ist auf Grund des so genannten Abvermerkes der Kanzlei des Gerichts vom 21.3.2003 und des Eingangs der Beschwerdeschrift vom 31.3.2003 am 1.4.2003 von einer rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels innerhalb der Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO auszugehen.

Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Vernünftige Zweifel an der Zulässigkeit der Festsetzung des Ordnungsgeldes verbleiben letztlich nicht. Die Voraussetzungen für eine Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Verhandlungstermin am 5.3.2003 waren gegeben. Der Gesetzgeber hat eine derartige Maßnahme in § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO zum einen vorgesehen, wenn sie zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Demzufolge ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens dann ermessensfehlerhaft – und deshalb nicht geeignet, die Verhängung eines Ordnungsgeldes zu rechtfertigen –, wenn es einer weiteren Sachaufklärung durch Fragen an die Partei nicht bedarf, der Rechtsstreit also ohne weitere Sachverhaltsaufklärung entscheidungsreif erscheint (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 141 Rz. 12 m.w.N.; OLG Brandenburg v. 13.12.1996 – 7 W 18/96, OLG-NL 1997, 119; OLG Brandenburg v. 24.10.2000 – 12 W 49/00, MDR 2001, 411 = OLGReport Brandenburg 2001, 41 jew. m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Sache nach den bisherigen Einlassungen des Beklagten nicht auch ohne weitere Sachaufklärung durch ihn persönlich im Termin am 5.3.2003 entscheidungsreif gewesen wäre. Denn mit In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes hat der Gesetzgeber mit den Vorschriften zur Güteverhandlung, die auch auf Familiensachen, soweit sie sich verfahrensrechtlich nach der ZPO beurteilen, anzuwenden sind, in § 278 Abs. 3 ZPO n.F. einen weiteren Tatbestand zur Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien geschaffen. Aus dem in § 278 Abs. 1 ZPO festgeschriebenen Gebot des in jeder Verfahrenslage angezeigten Versuchs zu gütlicher Beilegung des Rechtsstreits folgt, dass mit dieser Intention nun auch jederzeit das persönliche Erscheinen der Parteien zulässigerweise angeordnet werden kann.

Damit dürfte infolge der gesetzlichen Neuregelung aber auch die bislang als Voraussetzung einer zulässigen Anordnung betrachtete Zweckangabe in der Ladung ihren bisherigen Stellenwert verloren haben (so Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 141 Rz. 10; a.A. wohl weiterhin Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 141 Rz. 28). Diese Mitteilung des Zweckes der Vorladung, die dessen ungeachtet wünschenswert erscheint, gibt sie der Partei doch erst die Möglichkeit des Abwägens, ob sie das Risiko des Nichterscheinens auf sich nimmt oder in Fällen des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO etwa einen informierten Vertreter entsendet, ist im vorliegenden Fall ausweislich der Ladungsverfügung vom 16.1.2003 unterblieben. Da es sich bei dem auf den 5.3.2003 anberaumten Termin jedoch um die erste Verhandlung in dieser Sache handelte und folglich jedenfalls ein Güteversuch i.S.d. § 278 ZPO n.F. zu unternehmen war, kann die fehlende Zweckangabe nicht zur Unzulässigkeit der Maßnahme führen.

Etwas anderes gälte allerdings infolge § 141 Abs. 3 S. 3 und des hierauf verweisenden § 278 Abs. 3 S. 2 ZPO bei einem Unterlassen des Hinweises auf die Folgen des Ausbleibens in der Ladung. Zwar lässt sich dieser zwingend erforderliche Hinweis der weitgehend handschriftlichen Ladungsverfügung vom 16.1.2003 nicht entnehmen, doch ist vernünftigerweise davon auszugehen, dass bei Ausführung dieser Verfügung durch die Geschäftsstelle ein den Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens enthaltendes Formular verwandt wurde. Im Übrigen hat sich der Beschwerdeführer nicht auf ein Fehlen dieses Hinweises berufen.

Die Ladung des Beklagten als solche ist ausweislich der Zustellungsurkunde vom 21.1.2003 o...

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