Leitsatz (amtlich)
1. Zum Entzug des elterlichen Sorgerechts.
2. Zur Aufhebung der Amtsvormundschaft bei Zweifeln an einer bedarfsgerechte Einzelunterbringung eines Kindes im Ausland (hier: in Polen ländlich gelegene Betreuungsstelle, geführt von "einigermaßen gut deutsch" sprechenden und "kaum der deutschen Sprache mächtigen" Personen).
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 17.04.2014; Aktenzeichen 54 F 34/12) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG Cottbus vom 17.4.2014 - Az. 54 F 34/12 - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und zu Ziff. 2. Wie folgt neu gefasst:
Unter Aufhebung der Anordnung der Amtsvormundschaft wird zum Vormund für den Jugendlichen SG, geboren am ... 2000, zurzeit wohnhaft in ... Polen, Herr A bestellt.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist der Vater des am ... 2000 geborenen SG, der aus der geschiedenen Ehe mit der Beteiligten zu 2. hervorgegangen ist. SG ist sozial-emotional schwer beeinträchtigt und zeigt bereits seit 2005 und anhaltend bis heute vielfältige Verhaltensauffälligkeiten, die eine Teilhabe an sozialen Kontakten außerhalb von engen Bezugspersonen nachhaltig erschweren und eine reguläre Beschulung unmöglich machen.
SG wurde bereits 2006 zweimal einige Zeit stationär in der Kinderpsychiatrie in Rostock aufgenommen. Mit Zustimmung seiner Eltern war er sodann wegen erheblicher Verhaltensauffälligkeiten und Schulverweigerung schon kurze Zeit nach der Einschulung von Mai 2007 bis zum Abbruch dieser Maßnahme durch die Eltern ... 2010 vollstationär in einer Einrichtung in G. untergebracht. Seither lebte SG im väterlichen Haushalt. Das Jugendamt war auf Antrag des Vaters seit ... 2011 mit Maßnahmen zur Hilfen zur Erziehung involviert. Es gab nahezu von Beginn an unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit bzw. Zweckmäßigkeit einer fortgesetzten vollstationären Unterbringung und über die Art und Weise der Beschulung des Kindes; eine Aufnahme SG in eine Regel-/Förderschule konnte nicht erreicht werden; eine anderweitige regelmäßige Beschulung fand über längere Zeit überhaupt nicht statt.
Das hier zugrunde liegende Verfahren wurde vom Vater im ... 2012 mit der Behauptung und dem Ziel einer Übertragung des Sorgerechts für SG auf den Vater allein mit Zustimmung der Kindesmutter eingeleitet. Im Termin am ... 2012 wurden die widerstreitenden Auffassungen ausgetauscht und im Ergebnis der Erörterungen festgestellt, dass das Verfahren mit Blick auf die ausbleibende Beschulung des Kindes als amtswegiges Sorgerechtsverfahren nach § 1666 BGB fortgeführt wird und ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll; im Termin am ... 2012 hat der Kindesvater seinen Sorgerechtsantrag zurückgenommen.
Im ... 2012 wurde sodann für SG eine intensiv-sozialpädagogische Einzelbetreuung montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr eingerichtet, die der Vater allerdings in den Ferien nicht in Anspruch genommen hat. Die Mitarbeiter der Tagesbetreuung beklagten in der Folgezeit "große Unterschiede zwischen den Angeboten und Handlungsweisen im häuslichen Bereich und in der Tagesbetreuung", so dass sich Lern- und vor allem Entwicklungserfolge nicht verstetigen ließen bzw. zunichte gemacht worden seien. Vor diesem Hintergrund sahen die eingesetzten Betreuer keine Möglichkeit zur Fortsetzung dieser Hilfsmaßnahme, die im Sommer 2013 beendet wurde. SG verbrachte hernach seine Zeit im väterlichen Haushalt ohne nennenswerte außerhäusliche Kontakte und erhielt maximal eine Stunde externen Unterricht am Tag. Bemühungen des Jugendamtes, SG für mindestens fünf Tage und Nächte/Woche in einer sozial-pädagogischen Einrichtung unterzubringen, scheiterten, weil wohnortnah keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorhanden war und im Übrigen die Eltern und vor allem der Vater eine erneute - vollstationären - Unterbringung des Sohnes grundsätzlich und vehement ablehnten; sie haben gestützt auf behauptete Übergriffe von Betreuern und mehrfache Fluchten SGs aus der Einrichtung in Goslar jegliches Vertrauen in derartige Maßnahmen verloren. Aus den grundlegend unterschiedlichen Auffassungen des Vaters (der Eltern) einerseits und des Jugendamtes bzw. der vielfach involvierten Fachkräfte (Familienhilfe, Lehrpersonal, Therapeuten im SPZ) andererseits über Art und Umfang der notwendigen Förderung SGs entwickelte sich ein tiefgreifender Konflikt, in dem Kooperation im Interesse des Jugendlichen zunehmend unmöglich wurde, weil beide Seiten ein unzureichendes Engagement des jeweils anderen für SG beklagten und vor allem der Vater zunehmend in eine - auch unsachliche, teilweise verbal aggressive - Vorwurfshaltung verfiel, die er auch im Schriftverkehr im hiesigen Verfahren sehr deutlich werden ließ.
Die Sachverständige legte u...