Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines Firmenwagens nach § 287 ZPO
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur der Wert der privaten Nutzung eines Firmenwagens ist dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen, da Kosten für Anschaffung und Unterhaltung eines eigenen Fahrzeugs erspart werden. Fehlt konkreter Vortrag zur Art des Firmenfahrzeugs, der Laufleistung und insbesondere dem Umfang der Privatnutzung, kann der geldwerte Vorteil nur im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO ermittelt werden.
2. Die in den Unterhaltsleitlinien vorgesehene Kilometerpauschale deckt die Anschaffungs- und Betriebskosten für einen privaten Pkw ab, so dass sie bei Nutzung eines Firmenwagens nicht anzusetzen sind.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 1, 3; ZPO § 287
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 07.04.2010; Aktenzeichen 35 F 11/10 VKH) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Oranienburg vom 7.4.2010 - 35 F 11/10 VKH - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird für das beabsichtigte Abänderungsverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit für die Zeit bis Dezember 2009 eine Abänderung auf einen Unterhaltsbetrag von 124 EUR und für die Zeit ab 1.1.2010 eine Abänderung auf einen Unterhaltsbetrag von 132 EUR begehrt wird.
Dem Antragsteller wird Rechtsanwalt ... in B. beigeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.
Es wird die Zahlung monatlicher Raten von 95 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2; 567 ff. ZPO als sofortige Beschwerde zulässige Beschwerde vom "10.2.2010" (offensichtlicher Schreibfehler), eingegangen am 7.7.2010, ist teilweise begründet.
Die Beschwerde hat zum einen schon insoweit Erfolg, als dem Antragsteller entgegen seinem Antrag mit dem angefochtenen Beschluss - wohl versehentlich - kein Rechtsanwalt beigeordnet wurde. Da die Beschwerde eingelegt worden ist, "soweit die beantragte Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt wurde", ist davon auszugehen, dass der Antragsteller weiterhin die Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt. Diese war gem. § 78 Abs. 1 FamFG vorzunehmen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ist zwar nicht im Bezirk des AG Oranienburg niedergelassen, er kann gleichwohl einschränkungslos gem. § 78 Abs. 3 FamFG beigeordnet werden. Der Kanzleisitz in B. befindet sich lediglich ca. 33 km vom Sitz des AG Oranienburg entfernt, während andere, im Landkreis ansässige Rechtsanwälte, etwa aus der Gemeinde F., eine deutlich längere Anreise zum AG zu verzeichnen hätten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass besondere Kosten durch die Beiordnung nicht entstehen.
Die Anordnung der Ratenzahlung durch das AG ist mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffen worden, so dass eine Überprüfung insoweit unterblieben ist.
Was die Erfolgsaussicht des beabsichtigten Abänderungsantrags angeht, so ist eine teilweise abweichende Würdigung in Bezug auf die Ausführungen des AG vorzunehmen. Die ausgeführten Grundsätze zur Berechnung des Bedarfs des privilegiert volljährigen Antragsgegners, der im Haushalt seiner Mutter wohnt, aus den zusammengerechneten bereinigten Einkommen seiner Eltern aus Gruppe 4 der Unterhaltstabelle sowie zur anteiligen Haftung der barunterhaltspflichtigen Kindeseltern sind nicht zu beanstanden. Im Einzelnen sind jedoch Korrekturen vorzunehmen.
Hinsichtlich des Einkommens des Antragstellers kommt es zunächst auf die Bewertung des ihm zur Verfügung gestellten Firmenwagens für sein Einkommen an. Ihm ist durch den Arbeitgeber auch die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs zu privaten Zwecken eingeräumt worden, die einen geldwerten Vorteil darstellt, der einkommenserhöhend Berücksichtigung zu finden hat. Ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen enthalten die Bruttobezüge des Antragstellers jeweils zwei Positionen zur Firmen-Pkw-Nutzung bzw. Firmen-Pkw-Nutzungspauschale von seit Januar 2009 durchgängig 419,80 EUR und weiteren 135 EUR. Diese sind als Teil des Gesamtbruttoeinkommens vom Antragsteller als Arbeitnehmer zu versteuern und vom Arbeitgeber vor Auszahlung des Nettogehaltes in identischer Höhe wieder in Abzug gebracht worden. Diese Abrechnungsform entspricht den steuerlichen Vorgaben (§ 8 Abs. 2 S. 2 u. 3 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG), wobei hier allerdings unklar ist, wie sich die beiden Beträge aufteilen. Die hierzu eingereichte "Erläuterung" des Arbeitgebers gibt darüber keinen Aufschluss. Jedenfalls können die so eingestellten Werte des Sachbezugs nicht ohne weiteres dem Einkommen des Antragstellers hinzugerechnet werden, weil die rein steuerrechtlich bedingten Berechnungen den Umfang des geldwerten Vorteils nicht erkennen lassen, den der Antragsteller aus der privaten Nutzung des Pkw zieht. Nur dieser Wert ist aber dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen, weil der Antrags...